16713 Hauptseminar

SoSe 17: Tode der Literatur: Konstellationen im 20. Jahrhundert

Simon Zeisberg

Kommentar

„Jetzt hören wir es also wieder läuten, das Sterbeglöcklein für die Literatur. Kleine sorgfältige Bleckkränze werden ihr gewunden. Einladungen hagelt es zur Grablegung. Die Leichenschmäuse sind, wie es heißt, sehr gut besucht: ein Messeschlager.“ So lauten die ersten Sätze in Hans Magnus Enzensbergers Aufsatz, „Gemeinplätze, die Neueste Literatur betreffend“, der zu den Kerntexten des ‚epochemachenden‘ Kursbuchs Nr. 15 (1968) gehört. Ein Dokument der Trauer? Keineswegs, vielmehr herrscht Ironie vor: Enzenberger, als Dichter selbst mit der Verstorbenen verwandt, kann sich des Spotts über die Routinen der Totsagung ‚der‘ Literatur nicht enthalten. Es scheint in den späten 1960er Jahren keine Neuigkeit mehr, dass das, was einmal ‚Literatur‘ war (oder sein sollte), in der Moderne eigentlich nicht überleben kann – und trotzdem (oder gerade deshalb?) überlebt. „Ihr Leichenbegängnis“, so Enzensberger weiter, „ist eine Veranstaltung, deren Ende sich gar nicht absehen läßt, und bei dem die Verblichene in unheimlicher Frische, immer aufgekratzter und immer wilder aufgeschminkt, sich einfindet.“
Wenn bei Enzensberger bereits klar ist, dass „der ‚Tod der Literatur‘ selber eine literarische Metapher ist, und zwar die jüngste nicht“, so sagt dies einiges über das sich wandelnde Selbstverständnis der Moderne als Epoche aus. Zwischen radikalem Bruch und transitorischem Schwellenzustand, emphatischem Avantgardismus und postmoderner Fortschrittsskepsis kann die Rede vom ‚Tod der Literatur‘ ganz unterschiedliche Funktionen übernehmen – je nachdem, ob das Ableben derselben als Bedingung für das Anbrechen einer ‚neuen‘ Zeit – mit ‚neuen‘ ästhetischen, kulturellen, politischen Zielsetzungen – beobachtet wird, als Verlust einer unersetzlich wertvollen kulturellen Basis oder aber als ein jederzeit wiederhol- und reinszenierbares Ereignis, das im Zeitalter des ‚Posthistoire‘ keine eigentliche Periodisierungsfunktion mehr hat.
Gelesen werden sollen im Seminar deutschsprachige und internationale Texte des 20. Jahrhunderts, die sich den skizzierten Konstellationen im engeren und weiteren Sinne zuordnen lassen. Von den Avantgarden der nachexpressionistischen Literatur – DADA etc. –, über die ‚antiliterarische‘ Theoriebildung im Rahmen einer Hinwendung zum Dokumentarischen (1920er, 1960er, 1970er Jahre) bis hin zu den poststrukturalistisch geprägten Debatten über den ‚Tod des Autors‘ (Barthes), die ‚postmoderne‘ Literatur (1980er, 1990er Jahre) und die ‚neuen Medien‘ (1990er Jahre) eröffnet sich dabei ein breites Feld, dem wir uns in exemplarischen Lektüren nähern werden. Ziel ist es, in synchronem und diachronem Zugriff Aspekte einer Geschichte der „Selbstbezweiflung der Literatur“ (Nikolaus Miller) im 20. Jahrhundert soweit zu rekonstruieren, dass deren innere Verflechtung mit übergreifenden Epochenkonstruktionen von Moderne und Postmoderne sichtbar wird. Schließen

Literaturhinweise

Lektüre zur Vorbereitung:
http://www.zeit.de/1982/15/ende-der-literatur
https://www.theguardian.com/books/2015/mar/07/tom-mccarthy-death-writing-james-joyce-working-google

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