13454 Proseminar

SoSe 18: „Torso als Prinzip“? Der Torso Belvedere und die KörperBilder der Frühen Neuzeit

Anna Degler

Hinweise für Studierende

Das Seminar findet teilweise als Blockseminar statt! Erste Sitzung 26.4., 10-12 Uhr, Raum A 125, Blöcke am 27.5., 9-14 Uhr und 7.7., 9-16 Uhr !

Kommentar

Das Seminar widmet sich einem kulturhistorisch wie kunstgeschichtlich äußerst bemerkenswerten Phänomen: eine überlebensgroße, stark fragmentierte Skulptur, die bei ihrer Wiederentdeckung weder Kopf noch Arme und Beine hatte, wurde zum Inbegriff des idealen Männerkörpers in der Kunst der Frühen Neuzeit. Obwohl derart verstümmelt, übte der antike Torso nach seiner Aufstellung im Statuenhof des Belvedere zu Beginn des 16. Jahrhunderts eine erstaunliche Faszination aus. Aus allen Teilen Europas reisten Künstler nach Rom, um den antiken Torso zu studieren, wovon zahlreiche Zeichnungen zeugen. Allerdings ist nicht allein die zeichnerische Auseinandersetzung mit dem antiken Fragment von Interesse, sondern gleichermaßen die weitere künstlerische Aneignung und Umwertung des Torso. Es gilt gemeinsam zu untersuchen, wie der sitzende, nackte Männertorso beispielsweise in den Werken von Michelangelo oder Peter Paul Rubens in die Gestaltung vor allem gänzlich intakter Körper übersetzt wird. Die starke Fragmentiertheit des Torso Belvedere scheint, so eine Arbeitsthese, meist nicht als Mangel, sondern vielmehr gerade in ihrer „Anschlussfähigkeit“ für eigene Vorstellungen vom Körper als produktiv wahrgenommen worden zu sein. Seltener hingegen findet die Steinskulptur als Vorbild auch in die Darstellung versehrter und toter Körper Eingang: so beispielsweise bei Sodoma oder in den Holzschnitten der ersten Ausgabe der Fabrica, eines der einflussreichsten anatomischen Traktate. Am Beispiel der visuellen Rezeption des Torso Belvedere lassen sich nicht nur die Praxis der Antikenrezeption und Bildstrategien frühneuzeitlicher Medizingeschichte fassen. Vielmehr ermöglicht das Seminar einen differenzierten Einblick in die künstlerischen Entwurfs- und Produktionsprozesse und in die heterogenen Vorstellungen von Körpern im Bild. Gerade weil die Skulptur so häufig studiert und übersetzt wurde, ist die je individuelle künstlerische Auseinandersetzung mit dem Torso Belvedere für diese Fragestellung umso erhellender. Schließen

Literaturhinweise

Einführende Literatur: J.A. Schmoll gen. Eisenwerth, Zur Genesis des Torso-Motivs und zur Deutung des fragmentarischen Stils bei Rodin, in: ders. (Hg.), Das Unvollendete als künstlerische Form. Ein Symposion, Bern/München 1959, S. 117-139. Christa Schwinn, Die Bedeutung des Torso vom Belvedere für Theorie und Praxis der bildenden Kunst: vom 16. Jahrhundert bis Winckelmann, Bern (u.a.) 1973. Ausstellungskatalog Der Torso als Prinzip, Karl Oskar Blase (Hg.), Kasseler Kunstverein, Kassel 1982. Sigrid Schade, Der Mythos des "Ganzen Körpers", in: Anja Zimmermann (Hg.), Kunstgeschichte und Gender. Eine Einführung, Berlin 2006 [zuerst 1987], S. 159-180. Raimund Wünsche, Der Torso. Ruhm und Rätsel, Ausstellungskatalog Staatliche Antikensammlung und Glyptothek München, München 1998. Stefanie Wenner, Ganzer oder zerstückelter Körper. Über die Reversibilität von Körperbildern, in: Claudia Benthien, Christoph Wulf (Hg.), Körperteile. Eine kulturelle Anatomie, Reinbek bei Hamburg 2001, S. 361-380. J.A. Schmoll gen. Eisenwerth, Nachlese zu Christa Schwinns Dissertation von 1971. Zur Rezeption des Torso vom Belvedere, in: Ingeborg Besch (Hg.), Bilder sind nicht fiktiv sondern anschaulich. Festschrift für Christa Schwinn, Saarbrücken 2005, S. 149-154. Sigrid Schade, Körper und Körpertheorien in der Kunstgeschichte, in: Anja Zimmermann (Hg.), Kunstgeschichte und Gender. Eine Einführung, Berlin 2006, S. 61-72. Matteo Burioni, Fragmentieren, in: Maria Heilmann (u.a.) (Hg.), Punkt, Punkt, Komma, Strich. Zeichenbücher in Europa 1525-1925, Ausstellungskatalog des Zentralinstituts für Kunstgeschichte München, Passau 2014, S. 85-91. Timothy B. Smith, Queer fragments. Sodoma, the Belvedere Torso, and Saint Catherine’s Head, in: Marice Rose (u.a.) (Hg.), Receptions of antiquity, constructions of gender in European art, 1300 – 1600, Leiden (u.a.) 2015, S. 169-198. Schließen

7 Termine

Zusätzliche Termine

So, 27.05.2018 09:00 - 14:00

Dozenten:
Anna Degler

Räume:
A 125 Übungsraum (Koserstr. 20)

Sa, 07.07.2018 09:00 - 16:00

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Regelmäßige Termine der Lehrveranstaltung

Do, 26.04.2018 10:00 - 12:00

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Do, 03.05.2018 10:00 - 12:00

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Do, 17.05.2018 10:00 - 12:00

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Do, 24.05.2018 14:00 - 16:00

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Do, 31.05.2018 10:00 - 12:00

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Do, 07.06.2018 10:00 - 12:00

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Do, 14.06.2018 10:00 - 12:00

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