16683 Lecture

SoSe 19: Heldenepik

Ralf Schlechtweg-Jahn

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Von der mittelalterlichen Heldendichtung dürfte heute wohl noch das Nibelungenlied am bekanntesten sein, auch wenn es diesen Bekanntheitsgrad weitgehend der unsinnigen Bezeichnung als „deutsches Nationalepos“ verdankt. Diesem Zugang verdanken sich auch die zahlreichen modernen Adaptionen des Stoffes in Oper, Theater, Roman und Film, über deren Funktion im deutschen Nationalismus zu reden sein wird. An den drei mittelalterlichen Fassungen des Nibelungenliedes lassen sich dagegen die Schwierigkeiten zeigen, die die Integration dieses Stoffes in die höfische Welt um 1200 gemacht haben muß. Die zumeist mit dem Nibelungenlied gemeinsam überlieferte Klage ist heute weniger bekannt, sie galt als Fortsetzung des Nibelungenliedes dem Mittelalter aber offenbar als integraler Bestandteil des Textes. Die größte Gruppe der Heldendichtung stellt jedoch die Dietrichepik dar, also Geschichten um den Helden Dietrich von Bern. In der Dietrichepik gibt es eine ausgesprochene Tendenz zur Zyklusbildung, wobei die verschiedenen Geschichten sich mehr oder weniger glücklich ergänzen. Üblicherweise unterscheidet man historische (Dietrichs Flucht, Die Rabenschlacht, Alpharts Tod, Dietrich und Wenezlan) von märchenhaften Geschichten (Eckenlied, Sigenot, Goldemar, Virginal, Laurin, Der Wormser Rosengarten, Biterolf und Dietleib). Dietrichepik und Nibelungenlied sind miteinander verknüpft, denn in einigen Texten tauchen Figuren aus dem jeweils anderen Umkreis auf. Einige weitere Texte lassen sich diesen beiden Gruppen nicht ohne weiteres zuordnen (Ortnit, Wolfdietrich, Walther und Hildegund, Kudrun) . Mit Artusroman und Heldendichtung stehen dem mittelalterlichen Adel zwei sehr unterschiedliche Textgruppen zur Selbstreflexion zur Verfügung, und so wird ein zentraler Aspekt der Vorlesung der Frage gewidmet sein, welche Möglichkeiten die Heldendichtung bot, die der Artusroman offenbar nicht abdecken konnte. close

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