Das Seminar untersucht an ausgewählten Beispielen aus der russischen, tschechischen und bosnisch/kroatisch/serbischen Literatur, wie mittels prophetischer und prognostischer Redeweisen Zukünfte konstruiert und formiert werden. Der Schwerpunkt liegt auf den prophetisch-poetischen Visionen der Moderne und der zunehmenden Überformung der symbolistischen und avantgardistischen Zukunftsästhetiken mit dem prognostischen Kulturmodell der kommunistischen Fortschrittsideologie. Was passiert nun, wenn die prophetische Rede in prognostischer Beurteilung aufgeht? Mit anderen Worten: Wie reagiert die Literatur auf die Mathematisierung der Erfahrungswirklichkeit durch statistische Methoden und auf den totalen Geltungsanspruch der Prognostik, die sich als Planungs- und Steuerungsmacht etablierte? Welchen Veränderungen unterliegt dabei das prophetische Charisma des Dichters? Die literaturwissenschaftlichen und wissenspoetologischen Fragestellungen des Seminars werden in einen breiteren kulturhistorischen Kontext situiert und im Zusammenhang mit allgemeinen Konzepten, Techniken und Poetiken des Vorhersagens diskutiert. Die slavischen Primärtexte werden nach Möglichkeit auch in Übersetzung bereitgestellt. Schließen