13245 Methodenübung

WiSe 15/16: Verfassung als Legitimationskonzept unter den Bedingungen offener Staatlichkeit

Dieter Gosewinkel

Kommentar

Der Nationalstaat des 19. und 20. Jahrhunderts hat die Geschichte dieser Epoche und deren Interpretation tief geprägt. Die territoriale Umgrenzung und nationale Codierung von politischen Institutionen, wirtschaftlichem Handeln und kulturellem Leben hat das Bild einer geschlossenen Staatlichkeit hervorgerufen, das auch von der Geschichtswissenschaft lange gezeichnet wurde. Dabei ist der Staat eine europäische Erfindung (W. Reinhard), deren Ideen und Institutionen sich von Beginn an auch in Transfer und Austausch über territoriale und kulturelle Grenzen entwickelt haben. Der Prozess der Verrechtlichung seit der frühen Neuzeit, der eine dominante "Achse" der Gesellschaftsgeschichte bildet (H.-U. Wehler), ist kein genuin nationaler. Er findet mit der zeitweiligen Nationalisierung des Staates nicht seinen Abschluss und vollzieht sich auf unterschiedlichen Ebenen jenseits des staatlichen Zentrums. Vielmehr finden fortwährend Vorgänge der Rezeption und Zurückweisung, der rechtskulturellen Durchdringung und Hybridisierung statt, in denen sich das Recht eines modernen Staates in Auseinandersetzung mit seiner rechtlichen Umwelt durch Übernahme und Distanzierung bildet. Die für die Moderne maßgeblichen Legitimationsstrukturen der Verfassung hängen hiermit eng zusammen. Sie knüpfen an dem Konzept des Nationalstaats an und sind in engem Austausch entstanden. Wie weit trägt dieses Konzept auch angesichts der zunehmenden Öffnung der Staatlichkeit, wie entwickelt es sich hierbei weiter und ändert gegebenenfalls seine Substanz? Das Seminar behandelt diese historischen Prozesse der anhand der Entwicklung des Staatsrechts in Deutschland, Frankreich und den USA von der Frühen Neuzeit bis hinein in die Gegenwart einer durchgreifenden Internationalisierung und Transformation europäischer Staatlichkeit. Anhand ausgewählter Beispiele der Verfassungs- und Wissenschaftsgeschichte werden Prozesse des Institutionen- und Ideentransfers sowie vor- und transnationale Prägungen der vermeintlich geschlossenen modernen Staatlichkeit behandelt sowie die in den modernen Entwicklungen liegenden Herausforderungen für das Legitimationskonzept der Verfassung. Das Seminar dient der Einführung in Quellen und Methoden der Rechtsgeschichte sowie der Wissenschaftsgeschichte. Das Seminar wird in der Form eines Blockseminars vom 17. bis 23.Januar 2016 in einer Stiftung der Universität Augsburg in Sion/Schweiz stattfinden. Studierende der FU Berlin erhalten Reisekosten erstattet. Weitere erhöhte Kosten entstehen nicht. Schließen

Literaturhinweise

Wolfgang Reinhard, Geschichte der Staatsgewalt, München 1999; Rainer Wahl, Verfassungsstaat, Europäisierung, Internationalisierung, Frankfurt am Main 2003; Dieter Gosewinkel/Johannes Masing: Die Verfassungen in Europa 1789 - 1949. Eine wissenschaftliche Textedition, München2006; Vlad Perju, Constitutional Transplants, Borrowing, and Migration, in: Michael Rosenfeld /András Sajó (eds.), Comparative Constitutional Law, Oxford 2012, S. 1304 - 1327. Schließen

7 Termine

Regelmäßige Termine der Lehrveranstaltung

Do, 15.10.2015 16:00 - 18:00

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Prof. Dr. Dieter Gosewinkel

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A 163 Übungsraum (Koserstr. 20)

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