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Vertiefungsseminar
SoSe 13: Experimentelle Prosa der 1960er Jahre
Burkhard Meyer-Sickendiek
Kommentar
Das Seminar rekonstruiert ein Formexperiment der experimentellen deutschsprachigen Prosa der 1960er Jahre, das sich in Texten aus der Frühphase der edition Suhrkamp bei Peter Weiß, Jürgen Becker, Ror Wolf und Peter Handke entwickelte. Anhand der von Hans Magnus Enzensberger geprägten Formel vom "Prinzip der Felder" werden die intensiven Bezüge und Strukturähnlichkeiten, aber auch die Variationsbreite dieser experimentellen Prosa gemeinsam erarbeitet. Deren neuartige Schreibverfahren basierten auf drei wesentlichen Grundprinzipien: Erstens auf der radikalen Lösung vom Erzählprinzip des Romans, zweitens auf der Segmentierung des Textes in einzelne Prosafelder, und drittens auf der Ausgestaltung dieser Prosafelder mit Bewusstseinsdarstellungen, etwa in Form von Berichten, Wahrnehmungsprotokollen, Erinnerungsprotokollen oder Beobachtungen. Es ging im Anschluss an den "nouveau roman" darum, die klassischen Elemente des Romans - den Protagonisten, dessen Geschichte und seine Handlungen -, zugunsten sogenannter "Prosazellen" (J. Becker) aufzugeben, um so ein Genre zu etablieren, welches der ehemalige Bielefelder Literaturprofessor Jörg Drews bereits 1974 auf den Namen "Bewusstseinsdichtung" taufte.
Im Zentrum dieser Bewusstseinsdichtung stand die Darstellung von Bewusstseinsfeldern und Bewusstseinsrändern. Diese Schwerpunktsetzung erklärt sich aus der ebenfalls aus den 1960er Jahren stammenden philosophischen Analyse von Feldern (Aron Gurwitsch) und Rändern ("fringe", William James) des Bewusstseins, die insbesondere im einflussreichen Werk des Kölner
Schriftstellers Jürgen Becker eine unmittelbare Entsprechung findet. Wissenschaftliche Aufmerksamkeit verdienen diese Darstellungsversuche von Bewusstseinsstrukturen angesichts der Tatsache, dass die William Jamessche Theorie des "fringe" in der aktuellen Kognitionsforschung seit den Arbeiten des amerikanischen Kognitionspsychologen Bruce Mangan von 2001 eine enorme Renaissance erfahren hat.
Ziel des Seminars ist die Analyse dieser experimentellen Darstellungen von Bewusstseinsfeldern und Bewusstseinsrändern. Das Seminar erarbeitet also die Frage, wie sich in den literarischen Experimenten der 1960er Jahre (Heißenbüttel, Weiß, Becker, Wolf, Bayer, Wiener, Handke) ein semantisches bzw. kognitives Feld erschloss und wie diese Autoren die Auflösungserscheinungen kognitiver Ränder, Fransen bzw. fringes darzustellen versuchten.
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13 Termine
Regelmäßige Termine der Lehrveranstaltung
Mi, 10.04.2013 10:00 - 12:00
Mi, 17.04.2013 10:00 - 12:00
Mi, 24.04.2013 10:00 - 12:00
Mi, 08.05.2013 10:00 - 12:00
Mi, 15.05.2013 10:00 - 12:00
Mi, 22.05.2013 10:00 - 12:00
Mi, 29.05.2013 10:00 - 12:00
Mi, 05.06.2013 10:00 - 12:00
Mi, 12.06.2013 10:00 - 12:00
Mi, 19.06.2013 10:00 - 12:00
Mi, 26.06.2013 10:00 - 12:00
Mi, 03.07.2013 10:00 - 12:00
Mi, 10.07.2013 10:00 - 12:00