16410
Seminar
SoSe 13: Labyrinth als Raum- u. Erzählstruktur
Irmgard Osols-Wehden
Kommentar
Die Figur des Labyrinths verweist in ihren vielfältigen Erscheinungsformen auf verschiedene strukturelle und symbolische Ebenen, die in der Geschichte der Kunst in unterschiedlichen Kontexten rezipiert wurden. Labyrinthe sind Symbole der Initiation, des Todes und der Wiedergeburt, des Übergangs vom Profanen zum Sakralen, Sinnbild menschlicher Irrwege, Prüfungen und Heilserfahrungen, sie stehen in Verbindung mit kosmologischen Fragestellungen und werden oft mit Fragen nach der Funktion von Artefakten verbunden. Bereits im antiken Mythos wird das Labyrinth nicht nur als Ort der Initiation, sondern auch als künstlerisches Werk diskutiert, in dem sein Schöpfer selbst gefangen gehalten wird. Die Funktion des Labyrinths als Ort der Prüfung und Heilserfahrung wird in den Kirchenlabyrinthen des Mittelalters aufgenommen, im 16. und 17. Jahrhundert wird dann die Vorstellung vom Labyrinth als Abbild der sündigen Welt in vielschichtigen Bildern entfaltet. Einen engen Zusammenhang zwischen labyrinthischer Form, erkenntnistheoretischer Perspektive und narrativer Struktur stellt Eco in seinem Roman Il nome della rosa her. Der in ihrer Zeichenhaftigkeit gedeuteten Welt des mittelalterlichen Menschen entspricht der narrative Rahmen einer "Ermittlungs- und Konjekturgeschichte" (Umberto Eco), für die das Labyrinth das abstrakte Modell zur Verfügung stellt. Für Leo Perutz wird das Labyrinth des jüdischen Viertels in Prag, das gegen Ende des 19. Jahrhunderts assaniert wurde, zum Raum kultureller Erinnerung. In seinem 1953 erschienenen Roman Nachts unter der steinernen Brücke werden die einzelnen Erzählungen durch labyrinthisch angeordnete Raum- und Zeitstrukturen miteinander verbunden, wobei das narrative Labyrinth mit einer "überlogischen Kausalität" (Alfred Polgar) korrespondiert. Labyrinthischen Erzählungen, denen ein übergreifendes Ordnungsprinzip zugrunde liegt, stehen in der modernen Dichtung Texte gegenüber, in denen das "Verirrtsein zur ausschließenden Norm" (Manfred Schmeling) wird.
Im Seminar sollen ausgewählte Darstellungen von architektonischen und pikturalen Labyrinthen in ihrem intermedialen Zusammenhang mit literarischen Texten diskutiert werden, in denen die Figur des Labyrinths inhaltlich wie formal eine zentrale Rolle spielt. Dabei werden vor allem folgende Texte im Mittelpunkt der Diskussion stehen:
Publius Ovidius Naso: Metamorphoseon libri/ Metamorphosen (Auszüge), Johann Amos Comenius: Labyrint sv ta a Ráj srdce / Das Labyrinth der Welt und das Paradies des Herzens (Auszüge); Umberto Eco: Il nome della rosa/ Der Name der Rose; Leo Perutz: Nachts unter der steinernen Brücke; Franz Kafka: Der Bau
Schließen
13 Termine
Regelmäßige Termine der Lehrveranstaltung
Mi, 10.04.2013 14:00 - 16:00
Mi, 17.04.2013 14:00 - 16:00
Mi, 24.04.2013 14:00 - 16:00
Mi, 08.05.2013 14:00 - 16:00
Mi, 15.05.2013 14:00 - 16:00
Mi, 22.05.2013 14:00 - 16:00
Mi, 29.05.2013 14:00 - 16:00
Mi, 05.06.2013 14:00 - 16:00
Mi, 12.06.2013 14:00 - 16:00
Mi, 19.06.2013 14:00 - 16:00
Mi, 26.06.2013 14:00 - 16:00
Mi, 03.07.2013 14:00 - 16:00
Mi, 10.07.2013 14:00 - 16:00