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SoSe 13: Die politische Ökologie des (Neo-)Extraktivismus in Lateinamerika

Kristina Dietz

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Die Lehrveranstaltung befasst sich mit dem (Wieder-)Erstarken eines rohstoffbasierten Entwicklungsmodells in Lateinamerika, das in kritischen Debatten als Extraktivismus oder Neo-Extraktivismus beschrieben wird. Gemeint ist hiermit ein Entwicklungsmodell, dass auf der Ausbeutung von Natur zum Zweck ihrer Inwertsetzung und zumeist des Exports beruht. Im Mittelpunkt steht dabei die Expansion klassischer extraktivistischer Industrien und Sektoren wie Bergbau und fossile Energierohstoffe (Öl, Gas, Kohle), aber auch monokulturell angebaute Agrar- und Forstprodukte wie Soja, Kautschuk, Zuckerrohr und Palmöl. Diese Entwicklungen haben in jüngster Zeit nicht nur die Profite staatlicher und private Extraktions- und Agrarunternehmen sowie die Volumen einiger Staatshaushalte ansteigen lassen, sondern auch neue Konfliktdynamiken, insbesondere in ländlichen Regionen Lateinamerikas, entfacht. Der Fokus des Seminars liegt auf der Frage, wie die Expansion extraktiver Formen der Naturnutzung und Aneignung etwa im Bereich Bergbau, fossiler Energieträger, der monokulturellen Agrarindustrie oder Bioenergieproduktion, Machtverhältnisse und soziale Ungleichheiten im lokalen, regionalen und nationalen Kontext reproduziert oder verändert, und welche Bedeutung unterschiedliche Prinzipien von Macht und Differenz (Geschlecht, Rasse, Ethnizität, Klasse) hierbei einnehmen. Theoretisch-analytisch orientiert sich das Seminar an Arbeiten aus dem Feld der politischen Ökologie. Diese verstehen Umweltfragen als Verteilungsfragen zwischen unterschiedlichen sozialen Gruppen und bringen sie aus einer transnationalen Perspektive in Verbindung mit gesellschaftlichen Herrschaftsverhältnissen. Ihr Ziel ist es, anhand empirisch basierter Forschung die Bedingungen und den Wandel gesellschaftlicher Nutzung von Natur aus einer machtsensiblen und akteursorientierten Perspektive zu erklären. Ziel des Seminars ist es, erstens ein gesellschaftstheoretisch verankertes Verständnis zum Begriff des (Neo-)Extraktivismus zu entwickeln. Hierfür soll 1. in aktuelle Debatten um (Neo-)Extraktivismus in Lateinamerika eingeführt werden sowie 2. eine theoretische Perspektive und ein Begriff von (Neo-) Extraktivismus entwickelt werden, der sich auf kritische Ansätze zum Verhältnis Umwelt und Entwicklung aus dem Feld der politischen Ökologie bezieht. Hierüber soll ein Verständnis dafür entwickelt werden, wie über bestimmte Formen der Naturnutzung, -aneignung und -kontrolle Macht- und Herrschaftsverhältnisse in Raum und Zeit produziert und reproduziert werden, aber auch neue politische Handlungs- und Widerstandsformen entstehen. Dieses Verständnis soll zweitens anhand ausgewählter Fallbeispiele aus verschiedenen lateinamerikanischen Regionen empirisch vertieft und diskutiert werden. Das Seminar richtet sich neben den Studierenden des M.A. Interdisziplinäre Lateinamerikastudien (LAI) auch an Studierende des Masters der Politikwissenschaft (OSI) mit regionalem Schwerpunkt Lateinamerika sowie an Studierende der Entwicklungsgeographie und Soziologie. Das Seminar ist bewusst interdisziplinär ausgerichtet. close