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Undergraduate Course
SoSe 13: Performance als (Anti-) Theater
Vivien Aehlig
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"To be a performance artist, you have to hate theatre. Theatre is fake. The knife is not real, the blood is not real, and the emotions are not real", wird Marina Abramovic in einem Interview aus dem Jahr 2010 zitiert. Die in dieser Aussage vollzogene Abgrenzung von "Performance" und "Theater" kann als typisch für den künstlerischen und theoretischen Diskurs über Performancekunst gelten. Insbesondere in den Beschreibungen, Selbstaussagen und Kritiken der frühen Performancekunst werden mit der Betonung von Präsenz, Körperlichkeit und Ereignishaftigkeit Differenzen zu "Theater" markiert. Dieses wird im Gegenzug mit Illusion, Repräsentation, Zeichenhaftigkeit und Wiederholung gleichgesetzt. Ähnliche Grenzziehungen lassen sich im philosophischen Diskurs über "Performance" beobachten. So fasst J.L. Austin z.B. die Rede im Theater als "parasitäre" und, in Unterscheidung zum performativen Sprechakt, unwirksame Form des Sprechens auf. Josette Féral spricht "Performance" das Potenzial zu, Strukturen und Wahrnehmungsweisen zu durchbrechen, während diese im "Theater" verfestigt würden. Nicht zuletzt hat Judith Butler wiederholt vor einem Verständnis von "Gender Performance" als theatrales Rollenspiel gewarnt.
Allen Abgrenzungsbemühungen zum Trotz verabschieden sich "Performance" und "Theater" nie gänzlich voneinander, sondern bleiben auf komplexe Weise ineinander verstrickt. Im Seminar wollen wir dieses Wechselverhältnis untersuchen. Wie lässt sich Abramovics antitheatrale Haltung mit den opulenten Inszenierungen ihrer eigenen Biographie vereinbaren, die sie in Zusammenarbeit mit einem Regisseur (jüngst: Robert Wilson) entwickelt und im Setting des klassischen Guckkastentheaters zeigt? Inwiefern ist Illusion selbst in der frühen Body Art von Bedeutung, wenn Körper tatsächlichen oder eben nur scheinbaren Risiken ausgesetzt werden? Lassen sich die diskursiven Unterscheidungsbewegungen als "Schauplatz" der Wissensproduktion und damit selbst als theatral verstehen? Welche Sichtweisen eröffnen sich, wenn "Theater" und "Performance" nicht als Gegensätze begriffen werden und ein "theatraler Blick" (H.-F. Bormann) auf Performancekunst erprobt wird?
Das Seminar möchte Raum geben, diese und weitere Fragen zu diskutieren. Schwerpunkt ist die Lektüre einschlägiger Texte aus der angloamerikanischen Performance-Theorie sowie der aktuellen theaterwissenschaftlichen Forschung zu Theaterfeindlichkeit. Auch ausgewählte Beispiele der Performancekunst werden Gegenstand der Diskussion sein. Obligatorische Arbeitsleistungen im Seminar sind aktive Mitarbeit sowie Referat oder Essay. Die Prüfungsleistung besteht aus einer schriftlichen Hausarbeit (ca. 10 Seiten). Als Einstieg in das Thema wird empfohlen: Bormann, Hans-Friedrich (2012): "Out of theatre". Performancekunst als (Anti-)Theater. In: Stefanie Diekmann, Christopher Wild und Gabriele Brandstetter (Hg.): Theaterfeindlichkeit. München: Wilhelm Fink Verlag, S. 99-111.
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13 Class schedule
Regular appointments
Wed, 2013-04-10 10:00 - 12:00
Wed, 2013-04-17 10:00 - 12:00
Wed, 2013-04-24 10:00 - 12:00
Wed, 2013-05-08 10:00 - 12:00
Wed, 2013-05-15 10:00 - 12:00
Wed, 2013-05-22 10:00 - 12:00
Wed, 2013-05-29 10:00 - 12:00
Wed, 2013-06-05 10:00 - 12:00
Wed, 2013-06-12 10:00 - 12:00
Wed, 2013-06-19 10:00 - 12:00
Wed, 2013-06-26 10:00 - 12:00
Wed, 2013-07-03 10:00 - 12:00
Wed, 2013-07-10 10:00 - 12:00