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Seminar
SoSe 14: Ghettokulturen
Dr. Natascha Drubek
Kommentar
Die ein Jahrtausend alte Geschichte der Ghettos in europäischen Städten schien gegen Ende des 19. Jahrhunderts an ihrem Ende angelangt, als die meisten dieser jüdischen Wohnbezirke "saniert" waren. Ab 1939 jedoch wurden neue Ghettos errichtet - als vorbereitende Maßnahme für den Massenmord an den Juden. Viele Hunderte Ghettos befanden sich in den von Nazi-Deutschland besetzten Gebieten Mittel- und Osteuropas. Als wichtiger Bestandteil des Holocausts stellten Ghettos oft eine Vorstufe zum KZ dar, hatten jedoch weitere Funktionen, u.a. lieferten sie der antisemitischen NS-Propaganda Bilder von Juden (vgl. A Film Unfinished, 2009). Die SS, die für die Ghettos verantwortlich war, setzte Judenräte zu ihrer Verwaltung ein. Im Warschauer Ghetto brach im Frühjahr 1943 bewaffneter Widerstand aus, der zu einer Zerstörung des Ghettos und seiner Insassen führte.
Es gab auch Formen geistigen und kulturellen Widerstands, die den Ghetto-Bewohnern halfen zu überleben bzw. Zeugnis abzulegen über das, was ihnen widerfuhr. Hierfür standen verschiedenen Medien zur Verfügung: Schrift, Malerei, Musik, Theater, Fotografie und sogar Film. Untergrundarchive entstanden und mussten verborgen oder aus dem Ghetto gebracht werden. So überlebte das Warschauer Oneg Schabbat-Archiv in Milchkannen. Manche Ghettos existierten lang genug, um ein kulturelles Leben zu entwickeln. Die Ghettos Litzmannstadt oder Theresienstadt fungierten mehrere Jahre und entwickelten ein kulturelles Leben. Die Ghettokulturen waren oft in sich nicht einheitlich, da sich in den Ghettos Vertreter verschiedener Sprachen befanden, neben dem Deutschen war dies Polnisch, Tschechisch, Ungarisch, Jiddisch, Hebräisch, Litauisch, Ukrainisch oder (Weiss)Russisch - diejenigen Studierenden, die eine dieser Sprachen beherrschen, sind herzlich eingeladen, sich bei der Analyse der in den Ghettos entstandenen Texte einzubringen. Weitere Themen: die Judenräte, Gender im Ghetto, Jugendkulturen (Vereinigungen im Ghetto, Swing-Jugend), Sprachen des Ghettos und soziale Aspekte der Ghettokulturen heute (von Rotwelsch bis Gangsta-Rap), Literatur im Ghetto, Schmuggeln und "Schleusen" als Grundverfahren der Ghettos, Musik, Theater und Sport im Ghetto (Theresienstädter Fußball).
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Literaturhinweise
Archiwum Ringelbluma. Warszawa 1997-2013. Tim Cole: Holocaust City: The Making of a Jewish Ghetto, New York 2003. Barbara Engelking / Jacek Leociak: The Warsaw Ghetto. A Guide to the Perished City, New Haven-London 2009. Andrea Löw, Juden im Getto Litzmannstadt: Lebensbedingungen, Selbstwahrnehmung, Verhalten, Wallstein: Göttingen, 2006 und Juden in Krakau unter deutscher Besatzung 1939-1945, Göttingen 2011. Isaiah Trunk, Judenrat: The Jewish Councils in Eastern Europe under Nazi Occupation, 1986. Samuel D. Kassow: Ringelblums Vermächtnis: Das geheime Archiv des Warschauer Ghettos, Reinbek 2010. Lisa Peschel: Divadelní texty z terezínského ghetta/Theatertexte aus dem Ghetto Theresienstadt, 1941-45, Prag 2008. The United States Holocaust Memorial Museum Encyclopedia of the Camps and Ghettos, 1933-1945, Volume I & II, 2009. Yad Vashem Encyclopedia of the Ghettos During the Holocaust, 2009. Anha Horstmann auf http://www.bpb.de/geschichte/nationalsozialismus/geheimsache-ghettofilm/156549/das-filmfragment-ghetto?p=all Schließen
14 Termine
Regelmäßige Termine der Lehrveranstaltung
Mi, 16.04.2014 14:00 - 16:00
Mi, 23.04.2014 14:00 - 16:00
Mi, 30.04.2014 14:00 - 16:00
Mi, 07.05.2014 14:00 - 16:00
Mi, 14.05.2014 14:00 - 16:00
Mi, 21.05.2014 14:00 - 16:00
Mi, 28.05.2014 14:00 - 16:00
Mi, 04.06.2014 14:00 - 16:00
Mi, 11.06.2014 14:00 - 16:00
Mi, 18.06.2014 14:00 - 16:00
Mi, 25.06.2014 14:00 - 16:00
Mi, 02.07.2014 14:00 - 16:00
Mi, 09.07.2014 14:00 - 16:00
Mi, 16.07.2014 14:00 - 16:00