Das Seminar wird in Blöcken abgehalten; Termine: Do 17.4. und Do 24.4. je 10-12 Uhr im Landoltweg 9-11, Raum 014, und Fr 11. und Sa 12.7. je 9-17 Uhr in der Thielallee 52, Raum K005. Zzgl. eines Exkursionstermins am 27. Juni (10-16 Uhr) Schließen

Im ausgehenden 19. und frühen 20. Jahrhundert wurden in besonders intensiver Form Sammlungen ethnographischer Gegenstände angelegt, die Aufschluss geben sollten über "ferne" und vielen unerreichbare Gesellschaften. Anfangs galten die gesammelten Objekte in einem evolutionstheoretischen Kontext als Beweisstücke für die Annahme unterschiedlicher Entwicklungsstufen, und die Sammlungen wuchsen in rasantem Tempo, um dem vermeintlichen Verlust kultureller Vielfalt im Zuge der kolonialen Ausweitung europäischer Hegemonie entgegen zu wirken. Über viele Jahrzehnte hinweg wurden die Objekte in Museen und sogenannten völkerkundlichen Sammlungen bewahrt, gepflegt, ausgestellt und teilweise auch ergänzt.

Der im Fach derzeit stattfindende ‚material turn' sorgt für neue Denkansätze: Objekte werden als Repräsentationen sozialer Beziehungen untersucht und haben eine eigene agency. Darüber hinaus entspinnt sich inzwischen eine Diskussion über die Relevanz und die Legitimität ethnologischer Sammlungen. Vermehrt treten auch Mitglieder der sogenannten Herkunftsgemeinschaften in den Dialog, erhalten vormals marginalisierte Akteure eine Stimme im Diskurs um Rechtmäßigkeit und Nutzen. Da oftmals in den Herkunftsgebieten keine vergleichbaren Sammlungen existieren, bilden die ethnologischen Museen zudem Zentren der Auseinandersetzung mit materieller Geschichte und Identitätsfindung in einer zunehmend globalisierten Welt. Ethnologische Museen müssen der neuen Multiperspektivität und Vielstimmigkeit in der Diskussion um materielle Kultur Rechnung tragen.

Das Seminar soll Studierenden die Geschichte der Forschung mit materieller Kultur ebenso vermitteln, wie die aktuellen Diskussionsinhalte. Im Rahmen des Seminars können auch Ausstellungsformen in den Räumen des Ethnologischen Museums teilweise mit den jeweiligen Kurator_innen diskutiert werden. Schließen

Appadurai, Arjun (ed.) 1988. The Social Life of Things. Commodities in Cultural Perspective. Cambridge et al.: CUP.

Coote, Jeremy and Anthony Shelton (eds.) 1992. Anthropology, Art, and Aesthetics. Oxford: Clarendon.

Tietmeyer, Elisabeth et al. (eds.) 2010. Die Sprache der Dinge. Kulturwissenschaftliche Perspektiven auf die materielle Kultur. Münster et al.: Waxmann. Schließen