SoSe 15: Theorien des Schreibens
Rosa Eidelpes
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Literatur hat kulturtechnische Voraussetzungen und ist Ergebnis einer spezifischen kulturellen Praktik: Der Praktik des Schreibens. "Schreiben" lässt sich dabei nicht auf einen Prozess der sprachlich-semantischen Textproduktion oder Repräsentation von vorgegebenen Zeichen reduzieren, sondern umfasst wesentlich auch materielle - körperliche, technische und mediale - Dimensionen: Das lateinische Wort scribere bedeutet nicht nur "schreiben", sondern (u.a.) auch "ritzen", "kratzen", "eintragen" und "aufzeichnen".
Ausgehend von diesen vielschichtigen Bedeutungsebenen nehmen wir uns in der Seminarlektüre Grundlagentexte zur Theorie des Schreibens vor: Wir analysieren Ansätze, die Schreiben als anthropologisch begründete Erinnerungstechnik (Freud, Assmann), als machtförmige Geste der Disziplinierung und Subjektivierung (Foucault) bzw. als Medientechnik zur Verarbeitung, Speicherung und Verbreitung von Informationen (Kittler) fassen. Außerdem diskutieren wir über "Schreibszenen" (Campe), in denen die Produktionsbedingungen von Literatur mitreflektiert werden und widmen uns dem Schreiben als "transitivem" Prozess, welcher das schreibende Subjekt involviert und zugleich in Frage stellt (Barthes). Wir reflektieren auch über die Theorie der écriture (Derrida) und die Frage, wie die "Schreibweise" zur Praktik des Schreibens ins Verhältnis gesetzt werden kann - und nicht zuletzt über die Frage nach den Möglichkeiten "weiblichen Schreibens", welches dem patriarchalen Diskurs den Körper, das Geschlecht und das Imaginäre wieder einschreibt (Irigaray) oder diesem gar eine subversive, postkoloniale Schreibweise (Minh-ha) entgegenzusetzen vermag.
Die Lektüreliste wird zu Beginn des Semesters bekannt gegeben. Viele der Seminartexte finden sich in: Zanetti, Sandro (Hg.): Schreiben als Kulturtechnik: Grundlagentexte, Berlin: Suhrkamp 2012.
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