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SoSe 16: Turn on, step out. Utopien des Virtuellen

Jan-Hendrik Bakels

Kommentar

Der Begriff der Virtualität scheint – im Kontext der unter dem Dachbegriff ‚Digitalisierung‘ versammelten medientechnologischen Entwicklungen – im populären Diskurs präsenter denn je. Ob nun von mobiler Mediennutzung, medialer Vernetzung oder ‚Digitalität‘ im Allgemeinen die Rede ist – all diese Phänomene scheinen in einen unmittelbaren Zusammenhang zum Konzept des Virtuellen zu rücken. Zugleich liegt den jeweiligen Debatten – ob nun explizit oder implizit – nahezu durchgängig eine strikte Dichotomie von Virtualität und Realität zugrunde, in deren Folge ‚das Virtuelle‘ – ganz im Sinne von Baudrillards kritischer Auseinandersetzung mit der Simulation als im Medialen aufscheinender conditio humana eines postmodernen Zeitalters – zumeist in dystopische Kontexte rückt, d.h. in ein modulierendes oder gar bedrohendes Verhältnis zu einer zu bewahrenden Realität tritt. Damit steht der öffentliche Diskurs zu aktuellen medientechnologischen Entwicklungen oftmals in einem seltsamen Widerspruch zur Ideengeschichte der Virtualität, insbesondere im philosophischen Diskurs – entfaltet sich doch hier das Verhältnis von Virtualität und Realität in der Regel nicht nur komplexer, sondern auch weitgehend unabhängig von einem normativen Primat der Realität. Bereits innerhalb der Metaphysik Aristoteles’ wird die Virtualität als Vermögen (dynamis) thematisiert und von der Wirklichkeit (energia) geschieden. Zugleich stehen beide Phänomene hier jedoch als verschiedene Seinsweisen in einer unauflösbaren gegenseitigen Abhängigkeit; das Vermögen wird als eine nicht-wirkliche Kraft des Seins entworfen, welche erst durch wirkliche Tätigkeit ins Sein umgesetzt wird. Aus dieser Perspektive erscheint virtuelles Vermögen nicht als Bedrohung, sondern vielmehr als Grundbedingung, als conditio sine qua non der Realität. In eben diesem Sinne (als Potentialität) wird Virtualität später bei Luhmann zu einer politischen Kategorie – als notwendige Grundbedingung gesellschaftlicher Selbstverständigung (Autopoiesis). Das Seminar möchte vor diesem theoretischen Hintergrund aus analytischer Perspektive eine genealogische Auseinandersetzung mit der Virtualität audiovisueller Bilder eröffnen. Vom Kino über die Fernseh-Serie bis hin zum Videospiel sollen verschiedene ästhetische und poetische Figurationen des Virtuellen in audiovisuellen Medien diskutiert und auf ihr Potential für ein theoretisches Modell zur Virtualität audiovisueller Bilder hin befragt werden. In welchem Sinne kann man von ‚virtuellen‘ Bewegtbildern sprechen? Wodurch zeichnen sich diese Bilder aus medienästhetischer und poetologischer Perspektive aus? Und inwiefern eignet sich das Konzept der Virtualität als (politische) Utopie? Diesen Fragen soll im Dialog zwischen theoretischen und (film-)analytischen Betrachtungen nachgegangen werden. Schließen

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