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SoSe 16: Illusion durch Distanz: Geschichte und Gegenwart der vierten Wand

Matthias Warstat

Kommentar

Es wird derzeit so viel über partizipatorisches und interaktives Theater geschrieben, dass manchmal außer Acht gerät, in welchem Maße unser Gegenwartstheater nach wie vor von einem ganz anderen Wahrnehmungsdispositiv geprägt ist: der so genannten vierten Wand. Man sitzt im Theater, die Bühne wird hell, und in sicherer Entfernung entwickelt sich ein faszinierendes, fesselndes Geschehen. Zwischen dem Bühnengeschehen und dem Zuschauerraum scheint eine undurchdringliche Grenze zu bestehen, die den Blick einerseits distanziert, dadurch aber andererseits weitreichende Möglichkeiten der Affizierung, Illusionierung und Imagination eröffnet. Indem Bühnenräume eine vierte Wand erhalten, ähneln sie unseren Alltagsräumen stärker als ein Podium, das sich entschieden zum Publikum hin öffnet. Die Schauspielerinnen und Schauspieler sprechen die Zuschauerinnen und Zuschauer nicht direkt an und sind umgekehrt für diese auch nicht ansprechbar, kommunizieren dafür aber im geschlossenen Raum der Bühne scheinbar so, wie die Zuschauerinnen und Zuschauer in ihren eigenen vertrauten Räumen zu kommunizieren gewöhnt sind. Nicht nur über Partizipation, sondern auch über Illusion hat sich in den vergangenen Jahren eine spannende Theoriedebatte entwickelt, die wir im Seminar – neben zentralen Etappen einer Geschichte des Illusionstheaters – verfolgen werden. Der theaterhistoriographische Teil des Seminars führt zurück ins 18. und 19. Jahrhundert, als die vierte Wand erfunden wurde, die somit klar der Theatergeschichte der Moderne zuzurechnen ist. Das Seminar wird aber auch im Modul Gegenwartstheater angeboten, denn in gemeinsamen Aufführungsbesuchen soll erkundet werden, wie zeitgenössische Ausprägungen von Distanz und Illusion im Theater funktionieren. Schließen