13412 Proseminar

SoSe 16: Stillleben und Dingkulturen seit dem 17. Jahrhundert

Jan von Brevern

Zusätzl. Angaben / Voraussetzungen

Eine der Voraussetzungen für die Teilnahme am Seminar ist die Bereitschaft zur Auseinandersetzung mit theoretischen Fragen und zur wöchentlichen Lektüre teils auch längerer Texte.

Kommentar

Das Stillleben ist die vielleicht merkwürdigste Gattung der Malerei. Wie kam man auf die Idee, einfache Dinge – banale und wertvolle, essbare und ungenießbare, natürliche und künstliche – aus ihren Gebrauchszusammenhängen zu entnehmen, neu zu kombinieren und in Gemälden darzustellen? Den Theoretikern galt das Stillleben lange Zeit als niedrigste Gattung, in der Künstler zwar ihr handwerkliches Können unter Beweis stellen konnten, die aber immer der Mimesis verpflichtet blieb und daher weder Einbildungskraft noch intellektueller Fähigkeiten bedurfte. Die künstlerische Praxis sah freilich immer schon anders aus. Vielleicht waren es gerade die Unscheinbarkeit des Stilllebens, seine enge Thematik und scheinbare Bedeutungslosigkeit, die es für Künstlerinnen und Künstler bis zum heutigen Tag so attraktiv gemacht haben. Quasi ›unter dem Radar‹ ließ sich hier künstlerisch experimentieren. Die jüngere Forschung hat das Stillleben dann auch einer Neubewertung unterzogen: Es sei die »philosophischste aller Gattungen«, heißt es nun, und es nehme eine »zentrale Stellung in der Entwicklung der Moderne« ein. Ein Grund für diese Neubewertung ist, das man den Dingen selbst seit einiger Zeit mehr Interesse entgegenbringt. Was ein »Ding« überhaupt ist und in welchem (sich wandelnden) Verhältnis wir zu Dingen stehen – solche Fragen sind Gegenstand kultur- und wissenschaftshistorischer Untersuchungen geworden. Welchen Status hatten Dinge in der Gesellschaft, und wie hat sich dieser Status verändert? Sind Dinge passive Objekte, oder selbst soziale Akteure (wie manchen Soziologen heute behaupten)? Die Gattung Stillleben, die ja von Dingen handelt, scheint darüber besonders gut Auskunft geben zu können. Im Seminar wollen wir daher nicht nur über Handel und Konsum, über Herstellung und Gebrauch von Dingen sprechen, sondern auch über die wichtige Frage: was passiert mit den Dingen, wenn sie Objekte der Malerei werden? Was bedeutet es, ein ästhetisches Verhältnis zu Dingen zu haben? Ein Schwerpunkt wird dabei auf Stillleben des 17. und 18. Jahrhunderts liegen; es wird aber auch um die Gründe für die erstaunliche Persistenz dieser Gattung bis in die Gegenwart gehen. Schließen

Literaturhinweise

Zur Einführung in die Thematik eignen sich Norman Bryson, »Stilleben. Das Übersehene in der Malerei«, München 2003 sowie die Beiträge im von Bettina Gockel herausgegebene Band »Vom Objekt zum Bild«, Berlin 2011. Um in eine anderen Art, über Dinge nachzudenken, einzusteigen, empfehle ich Bruno Latours Aufsatz »Der Berliner Schlüssel« [1996] (neu erschienen Berlin 2015) Schließen

14 Termine

Regelmäßige Termine der Lehrveranstaltung

Di, 19.04.2016 16:00 - 18:00

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