096044 Seminar

SoSe 16: Wettbewerbsrecht

Heike Schweitzer

Hinweise für Studierende

In dieser Lehrveranstaltung besteht Teilnahmepflicht. Weitere Hinweise lesen Sie bitte hier

Zusätzl. Angaben / Voraussetzungen

Anmeldung zu der Veranstaltung

Keine selbständige Anmeldung über Campus Management! Bitte wenden Sie sich direkt an die/den Dozierenden bzw. die Kontaktperson!

Kommentar

Inhalt und allgemeine Hinweise

Das Seminar hat eine doppelte Zielsetzung: Es soll als Einstieg in das deutsche und europäische Wirtschafts- und Wettbewerbsrecht dienen. Das Seminar ist damit auch als allgemeine Grundlegung für die Vorlesung Wettbewerbsrecht im WS 2016/17 angelegt.

Zugleich werden aktuelle wirtschaftsrechtliche Themen zur Bearbeitung gegeben, bei denen sich der Rückgriff auf die Grundfragen als nützlich erweist.

Thematisch werden nach einem theoretischen Einstieg in die normative Idee einer Wirtschaftsverfassung als einer auf den Grundpfeilern Eigentum, Vertrag und Wettbewerb beruhenden Verfassung drei Schwerpunkte behandelt:
  1. Die europäische Währungsunion, ihre rechtliche Struktur und ihre aktuellen Gefährdungen
  2. Die Herausforderung des Rechts durch die neue Bedeutung digitaler Märkte
  3. Die Bedeutung von Wettbewerb für die Wirtschaftsverfassung
Die Themen sind so gestellt, dass sie von Studierenden ohne spezielle Grundkenntnisse in den Bereichen Finanzmarkt- und Wettbewerbsrecht bearbeitet werden können – die Bereitschaft zur Einarbeitung in die Themen vorausgesetzt.

Das Seminar hat propädeutischen Charakter und richtet sich an Studierende, die sich für den Schwerpunktbereich Wirtschafts-, Unternehmens- und Steuerrecht interessieren (Unterschwerpunkt Wettbewerbs- und Regulierungsrecht). Die Teilnahme am Seminar soll zugleich als Vorbereitung für die Studienabschlussarbeit dienen. Es wird ein Seminarschein erteilt, der die Teilnahme an der Schwerpunktbereichsprüfung ermöglicht (§ 20 Abs. 2 S. 1 StudienO FU Berlin).

Eine Vorbesprechung mit Themenvergabe findet voraussichtlich statt am

Montag, 8. Februar 2016 – vormittags.

Raum und Zeit wird in der kommenden Woche angekündigt.

Um eine kurze Voranmeldung für die Vorbesprechung per e-mail (IWWR@zedat.fu-berlin.de) wird gebeten.

Im Rahmen der Vorbesprechung werden ausführliche Hinweise zum Einstieg in die jeweiligen Themen und allgemein zum wissenschaftlichen Arbeiten und zum erfolgreichen Verfassen einer Seminararbeit gegeben.

Das Seminar wird als Blockveranstaltung voraussichtlich Anfang Juni 2016 durchgeführt.

Themenliste

I. Das Konzept einer Wirtschaftsverfassung
1) Die normative Idee der Wirtschaftsverfassung im europäischen Recht
  • Ernst-Joachim Mestmäcker, Auf dem Weg zu einer Ordnungspolitik für Europa, in: ders./Möller/Schwartz (Hrsg.), Eine Ordnungspolitik für Europa. FS für Hans v.d. Groeben, 1987, 5 ff.
  • Ernst-Joachim Mestmäcker, Zur Wirtschaftsverfassung in der Europäischen Union, in: Hasse/Molsberger/Watrin (Hrsg.), Ordnung in Freiheit – Festgabe für Hans Wilgerodt zum 70. Geburtstag, 1993, S. 263 ff.
  • Christian Joerges, What is Left of the European Economic Constitution? A Melancholic Eulogy, 30 European Law Rev. 2005, 461 ff.
2) Das Grundgesetz als Wirtschaftsverfassung? Diskussion über die deutsche Wirtschaftsverfassung in den 1950er bis 1970er Jahren aus heutiger Sicht
  • Zum Einstieg siehe: Di Fabio, in: Maunz/Dürig, GG-Kommentar, Art. 2 Rn. 76 m.w.N.
II. Theoretische Grundlagen einer Wirtschaftsverfassung
3) Walter Euckens Theorie der interdependenten Ordnungen – Anknüpfungspunkte im positiven Recht
  • Walter Eucken, Grundlagen der Wirtschaftspolitik, 1965
4) Hayek und die Idee dezentraler Koordination: Bedeutung von Staat und Markt bei Hayek
  • Friedrich v. Hayek, The Use of Knowledge in Society, 1945
  • Friedrich v. Hayek, Die Anmaßung von Wissen, in: ORDO 26 (1973), S. 12-21
  • Friedrich v. Hayek, Recht, Gesetz und Freiheit, Tübingen 2003
5) Private Macht als Problem der Wirtschaftsverfassung: Franz Böhm und die Idee einer Privatrechtsgesellschaft
  • Franz Böhm, Das Problem der privaten Macht. Ein Beitrag zur Monopolfrage, 1928 (abgedruckt in Goldschmidt/Wohlgemuth (Hrsg.), Grundtexte zur Freiburger Tradition der Ordnungsökonomik, 2008, S. 49 ff.)
  • Franz Böhm, Demokratie und ökonomische Macht, 1960, abgedruckt in: Grundmann/Micklitz/Renner, Privatrechtstheorie Bd. I, 2015, S. 1040 ff.
  • Franz Böhm, Privatrechtsgesellschaft und Marktwirtschaft, in: ORDO 17 (1966), 75-151
6) Sozialstaatsprinzip und Wirtschaftsverfassung: Das Spannungsverhältnis von Daseinsvorsorge und Wettbewerb am Beispiel der Gesundheitsversorgung
  • Theoretische Grundlagen: John Rawls, Theory of Justice – 2nd principle of justice
  • Siegfried Broß: Krankenhäuser – kommerzielle Wirtschaftsbetriebe oder Teil der Daseinsvorsorge des Staates? In: Schriftenreihe zur kommunalen Daseinsvorsorge. Hrsg. v. Berliner Wassertisch/Muskauer Straße. Heft 3. Berlin, Januar 2014
  • Zur Bedeutung der Daseinsvorsorge im Unionsrecht siehe Art. 106 Abs. 2 AEUV
7) Ziele einer Wirtschaftsverfassung: Effizienz, Freiheit, Fairness?
  • Louis Kaplow / Steven Shavell, Fairness versus Welfare, 114 Harvard Law Rev. 2001, 967 ff.
  • Mestmäcker, A Legal Theory without Law: Posner v. Hayek on Economic Analysis of Law, 2007
III. Stabile Geldpolitik als Grundpfeiler einer Wirtschaftsverfassung und die aktuellen Herausforderungen der Europäischen Währungsunion
8) Die Rolle unabhängiger Institutionen für die normative Idee einer Wirtschaftsverfassung – am Beispiel der Stellung der Bundesbank
  • Siehe u.a. BVerfG, Urt. v. 12.10.1993, 2 BvR 2134/92 – Maastricht
9) Die EZB als unabhängige Institution – Eine Untersuchung des rechtlichen Status der EZB und möglicher Gefährdungen der Unabhängigkeit
10) Das geldpolitische Mandat der EZB und seine Grenzen – Untersuchung der Rechtslage und Praxis
  • EuGH 16.6.2015, Rs. C-62/14 – OMT
11) Das „no bailout“-Prinzip des Art. 125 AEUV und seine Bedeutung für die EWU
  • Siehe u.a.: EuGH, Urteil v. 27.11.2012, Rs. C-370/12 - Pringle
12) Das Verbot monetärer Staatsfinanzierung, Art. 123 AEUV: Funktion und Auslegung
  • EuGH 16.6.2015, Rs. C-62/14 – OMT
IV. Privatrechtliche Grundlagen einer Wirtschaftsverfassung
13) Die Richtigkeitsgewähr von Verträgen und ihre Grenzen
  • Schmidt-Rimpler, Grundfragen einer Erneuerung des Vertragsrechts, AcP 147 (1941), S. 130-197; Ders., Zum Problem der Geschäftsgrundlage, in: Rold Dietz, Alfred Hueck, Rudolf Reinhardt (Hrsg.), Festschrift für Carl Nipperdey zum 60. Geburtstag, München und Berlin 1955, S. 1-30.
  • Zur Perspektive der ökonomischen Analyse: Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, 10. Kapitel: Zur ökonomischen Analyse der Vertragsfreiheit und des Vertragsrechts
  • Ludwig Raiser, Vertragsfunktion und Vertragsfreiheit, Karlsruhe 1960
  • Stefan Grundmann, Kapitel 11. Privatautonomie, Vertragsfunktion und „Richtigkeitschance“, in: Stefan Grundmann/Hans-W. Micklitz/Moritz Renner (Hrsg.), Privatrechtstheorie, Band I., Tübingen 2015, Kap. 11, S. 875 ff.
  • Mestmäcker, Über die normative Kraft privatrechtlicher Verträge, JZ 1964, S. 441-446
14) Individualisierte Preisdiskriminierung im Internet: Ein Beispiel für die Richtigkeitsgewähr von Verträgen oder eine regelungsbedürftige Praxis?
  • Zur traditionellen Herleitung von Diskriminierungsverboten im Privatrecht siehe RGZ 48, 114, 127 (Brisbane); RGZ 133, 388 (Kritiker-Fall)/RGZ 115, 253 (Branntweinmonopol)
15) Der Benrather Tankstellenfall (RG, 18.12.1931, RGZ 134, 242): Die Bedeutung von Wettbewerb im System des Privatrechts

16) Rationalitätsannahmen im Privatrecht im digitalen Kontext: Der Umgang des Rechts mit dem „confusopoly“-Problem und mit rationaler Apathie

a) Rechtliche Rationalitätsanforderungen beim Vertragsschluss: Sind Klauseln über langfristige Vertragsbindungen durch Fitnessclubs sittenwidrig gem. § 138 BGB? Vgl. Office of Fair Trading v Ashbourne Management Services, Ltd. [2011] EWHC 1237; AG Brandenburg, Urteil v. 6.11.2003, 32 C 202/02

b) „Eastman Kodak Company v. Image Technical Services, Inc., 504 U.S. 451 (1992): Intransparenz durch Kopplung von Primär- und Sekundärmarkt als Problem des Vertragsrechts und/oder des Wettbewerbsrechts

c) Rationale Apathie als Rechtfertigung der AGB-Kontrolle; Rechtspolitische Folgerungen für die Einwilligung in die Datennutzung?
  • Gemeinsame Grundfrage für alle Themen: Unter welchen Voraussetzungen sollte das Recht bei Informationsasymmetrien oder der Ausnutzung von „behavioral biases“ eingreifen? Sollte die Korrektur über Vertragsrecht / Wettbewerbsrecht / informationelle Regulierung erfolgen?
Siehe in diesem Zusammenhang: Moritz Renner in: Stefan Grundmann/Hans-W. Micklitz/Moritz Renner (Hrsg.), Privatrechtstheorie, Band I., Tübingen 2015, Kap. 10, S. 821 ff.; Oren Bar-Gill, Seduction by Contract, 2012; Florian Faust, Gutachten: Digitale Wirtschaft – Analoges Recht – Braucht das BGB ein Update? Verhandlungen des 71. DJT 2016. Für die Bedeutung von behavioral economics für das Wettbewerbsrecht: Avishalom Tor, Understanding Behavioral Antitrust, 92 Texas Law Review 2014, 573 ff.

17) Vergleichs- und Rankingplattformen im Internet: Rationalitätssteigerung und Irreführungspotentiale – Bedarf es neuer Regelungen? Sollte es ein allgemeines Diskriminierungsverbot für „Gatekeeper“ geben?

V. Wettbewerb als Instrument dezentralier Koordination und als Entmachtungsinstrument
18) Funktionen von Wettbewerb / Wettbewerb als Mittel oder als Zweck: Zurück zum „natürlichen Monopol“ für Breitbandnetze? Die Diskussion um das Vectoring und der Entscheidungsentwurf BK eg-15-004 der BnetzA v. 23.11.2015
  • Monopolkommission, Sondergutachten 73, Telekommunikation 2015: Märkte im Wandel, S. 22 ff.
  • Monopolkommission, Sondergutachten 66, Telekommunikation 2013: Vielfalt auf den Märkten erhalten, S. 44-49.
  • Sven Knapp/Andrea Weißenfels, „Vectoring“ – Technischer Segen oder regulatorischer Fluch?, N&R 2014, S. 130 ff.
  • Bernd Sörries, Die Vectoring-Technologie: Fluch oder Segen? Die Telekommunikationspolitik am Scheideweg, CR 2015, S. 162-167.
19) Die Entmachtungsfunktion von Wettbewerb: Der Schutz der freien Berufe und das Wettbewerbsprinzip am Beispiel des Vertragsverletzungsverfahrens (2015/2057) der Kommission gegen Deutschland wegen unzureichender Einhaltung der Dienstleistungsrichtlinie bei reglementierten Berufen
  • Meinhard Schröder, Mehr Wettbewerb in den freien Berufen? Die Angriffe der Europäischen Kommission auf Honorarordnungen und Beteiligungsverbote, EuZW 2016, S. 5 ff.
  • Winfried Kluth, Legitimation und Reichweite des modifizierten Rechtsdienstleistungsprivilegs der Rechtsanwälte nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz, GewArch 2013, 12-16
  • Kommission, 2.10.2013, Mitteilung COM(2013) 676 final, Bewertung der nationalen Reglementierungen des Berufszugangs
20) Die Koordinierungsfunktion von Wettbewerb (Hayek): Die Funktion und Funktionsweise von Preiswettbewerb und das Problem intransparenter Preisstrukturen – Toys „R“ Us, Inc. vs F.T.C., 221 F.3d 928 (7th Cir. 2000)
21) Schädigungen von Konkurrenten im Wettbewerb: Wann handelt es sich um unerlaubte Handlungen i.S.d. § 823 Abs. 1 BGB?
  • Der Schutz des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs und seine Grenzen
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Zusätzliche Termine

Mi, 20.04.2016 10:00 - 12:00
Seminarvorbesprechung

Dozenten:
Univ.-Prof. Dr. Heike Schweitzer

Räume:
2202 Übungsraum (Boltzmannstr. 3)

Fr, 03.06.2016 09:00 - 18:00

Dozenten:
Univ.-Prof. Dr. Heike Schweitzer

Räume:
2213 Übungsraum (Boltzmannstr. 3)

Sa, 04.06.2016 09:00 - 18:00

Dozenten:
Univ.-Prof. Dr. Heike Schweitzer

Räume:
2213 Übungsraum (Boltzmannstr. 3)

Studienfächer A-Z