15053
Undergraduate Course
SoSe 16: Legal Cultures
Vojta Drapal
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Gibt es eine europäische Rechtskultur? - Bisher war es in den Sozialwissenschaften im Hinblick auf das Recht üblich, von unterschiedlichen Rechtssystemen auszugehen. Mit der Erforschung von ‚Rechtskulturen‘ wurde diese Systematik zum Ende des 20. Jahrhunderts hin erweitert, wenn nicht gar irritiert. Wie üblich wird die entsprechend große akademische Neugier aber von Debatten darüber begleitet, was mit diesem Begriff genau zu fassen sein könnte. Bisher prägen vorrangig rechtsgeschichtliche Konzeptionen, aber auch soziologische und kulturwissenschaftliche Zugänge das – wie gewöhnlich von den Analysen selbst abgesteckte – Forschungsfeld. Noch wähnt sich die Politikwissenschaft dabei in Zurückhaltung. Dies kann verwundern, berührt doch bereits die Überlagerung von Rechtssystemen und sodann ihrem unterschiedlichen Wirken in diversen kulturellen Settings doch zentrale Fragestellungen unserer Disziplin. Könnte sich etwa der politologische Umgang mit der Problematik des globalen „Exports von Verfassungstexten“ (Luhmann) von dem Forschungsfeld der ‚Rechtskulturen‘ inspirieren lassen? Scheint es einerseits weitgehend anerkannt, dass sich der Transfer bestimmter Rechte, gar ganzer Rechtsordnungen, zwischen unterschiedlichen historisch-kulturellen Räumen durch weitreichende politische Dynamiken auszeichnet, so bleibt andererseits offen, wie genau mit dieser ‚Reisefähigkeit‘ des Rechts analytisch umzugehen ist. Von hoher Brisanz ist dabei sicherlich die Ausdehnungsbewegung bestimmter europäischer – heißt: sich in Teilen Europas historisch durchgesetzter und von hier aus ausgebreiteter – Rechtsformationen. Das Konzept der Rechtskulturen könnte zu dieser Thematik einen analytischen Beitrag leisten, erfolgt mit ihm doch ein Perspektivwechsel auf das Verhältnis vom Recht zu seinem Kontext, seinem „out-thereness“ (Legrand). Dies zeitigt nicht nur Konsequenzen für unsere Annahmen über die Möglichkeiten politischer Integrationsprozesse, es wird damit auch die wirkungsmächtige Unterscheidung zwischen dem Universellen und dem Partikularen fragwürdig.
Literatur zur Einführung:
Giaro, Tomasz (Hg.) (2006): Modernisierung durch Transfer im 19. und frühen 20. Jahrhundert. Studien zur europäischen Rechtsgeschichte Band 205, Frankfurt a/M: Vittorio Klostermann.
Legrand, Pierre (1996): European Legal Systems Are Not Converging, in: The International and Comparative Law Quarterly, Vol. 45, Nr. 1 (Jan., 1996), S. 52-81.
Watson, Alan (1993): Legal Transplants - An Approach to Comparative Law. Second Edition. Athens, Georgia: The University of Georgia Press.
Reinhard Wendt (1990): Europäische Expansion, Kolonialherrschaft und kultureller Wandel: Die Einführung westlicher Rechtssysteme auf den Philippinen, in: Jahrbuch für Geschichte von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft Lateinamerikas 27 (1990), S. 305-335.
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