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Undergraduate Course
SoSe 17: Engel. Ästhetik und Motivgeschichte einer Schwellenfigur.
David Wachter
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In den monotheistischen Religionen erfüllen Engel seit jeher die Funktion, als Boten- und Vermittlerfiguren die Kluft zwischen Jenseits und Diesseits zu überbrücken. Zugleich sind sie seit der Renaissance zum prominenten Gegenstand künstlerischer Darstellung geworden. Doch auch mit dem Einsetzen neuzeitlich-moderner Säkularisierung ist das Interesse an Engeln und ihren Grenzgängen zwischen Sakralem und Profanem nicht zurückgegangen. Vielmehr bevölkern die „Beamten des Himmels“ (Agamben) bis in die Gegenwart die Künste – und haben darüber hinaus ein kultur- und medientheoretisches Interesse geweckt. Welche Funktionen erfüllt die Figur in literarischen Texten? Worin besteht ihre poetologische und ästhetische Relevanz? Wie verändert sich ihre Darstellung im Laufe der Literaturgeschichte? In welcher Weise bezieht sich die Literatur dabei auf andere Künste? Und wo genau sind Engel im Spannungsfeld von Profanierung und (Re-)Sakralisierung jeweils zu verorten? Am Leitfaden dieser spannenden Figur führt das Seminar in das komparatistische Arbeitsgebiet der Vergleichenden Motiv- und Stoffgeschichte ein. Wir konzentrieren uns auf literarische Angelophanien zwischen dem 17. Jahrhundert und der Gegenwart, beziehen aber auch theologische und medientheoretische Texte sowie Kunstwerke und Filme ein. Wir beginnen mit der Ästhetik biblischer Engeldarstellungen, erkunden die Funktion der Himmelsboten und Lobsänger Gottes in theologischen Systematiken und religiöser Kunst, und widmen uns mit Miltons Paradise Lost einem der wirkmächtigsten Engeltexte der englischen Literatur. Im zweiten Teil des Seminars diskutieren wir Engeldarstellungen seit der Aufklärung, die nicht mehr explizit auf einem christlichen Weltbild beruhen, sondern ein ambivalentes, widersprüchliches, mitunter entstelltes Nachleben des Religiösen erkennen lassen. In den Blick kommen so unterschiedliche Texte wie Kleists Käthchen von Heilbronn, Rilkes Duineser Elegien oder Benjamins Über den Begriff der Geschichte. Mit Blick auf Wenders’ Film Der Himmel über Berlin und Serres’ Essay Die Legende der Engel soll zuletzt die mediale Produktivität der Figur im späten 20. Jahrhundert thematisiert werden.
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Suggested reading
Friedmar Apel: Himmelssehnsucht: Die Sichtbarkeit der Engel in der romantischen Literatur und Kunst sowie bei Klee, Rilke und Benjamin, Paderborn 1994; Suzanne Hobson: A New Angelology: Mapping the Angel through Twentieth-Century Literature, in: Literature Compass 4/2 (2007), S. 494-507; Karen Leeder: The Desire of the Angel: Message, Myth and Metaphor in Contemporary German Art, Literature and Film, in: Ian Cooper/Ekkehard Knörer/Bernhard Malkmus (Hrsg.): Third Agents: Secret Protagonists of the Modern Imagination, Newcastle 2008, S. 214-228; Perdita Rösch: Die Hermeneutik des Boten. Der Engel als Denkfigur bei Paul Klee und Rainer Maria Rilke, München 2009; Sigrid Weigel: Grammatologie der Bilder, Berlin 2015.
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Tue, 2017-07-18 10:00 - 12:00