16215 Practice seminar

SoSe 17: Platon, Phaidros

Sandra Erker

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Mit dem Enthusiasmus des jungen Phaidros für eine Rede des Lysias (obwohl diese ironischerweise gerade für die schädlichen Auswirkungen solch flammender Liebesbezeugungen argumentiert) beginnt Platons Phaidros-Dialog und bildet damit den Ausgangspunkt für ein Werk, dessen Fülle an literarischen Formen, didaktischen Methoden und behandelten Themen Interpreten seit der Antike bis heute vor große Herausforderungen gestellt hat. Denn geboten wird uns im Phaidros-Dialog nicht weniger als ein Streifzug durch zahlreiche zentrale Themen Platonischer Philosophie, z.B., was eine gute Rede ausmache, was Liebe/Eros tatsächlich sei und bewirke, worauf man sie/ihn daher richten und wie kultivieren müsse, was man unter Schönheit, Dichtung, unter der Seele mit ihren Vermögen und Bildungsmöglichkeiten, unter Seelenreinigung, Enthusiasmos und Mania verstehe, in welcher Weise Schrift und Sprache im Verhältnis zu philosophischer Einsicht kritisch zu beurteilen seien und wie Dichtung und Philosophie letztendlich zu einer produktiven, schönen und guten Einheit zusammengeführt werden können. Dabei kommen Kunstgriffe traditioneller Rhetorik im Dialog ebenso gekonnt zum Einsatz wie ausgestaltete Mythen, bildhafte Vergleiche, dichtende Passagen mit enthusiastischer Einsicht, rational-philosophische Analysen, Palinodie und Gebet. Wie ist also dieser Dialog, in dem selbst die gute Rede mit einem Lebewesen verglichen wird, dessen Teile zu einer funktionellen Einheit zusammenstimmen (vgl. Platon, Phaidros 264a-e), und der unter den literarischen Meisterwerken Platons aufgrund seiner sorgfältigen Ausgestaltung und anschaulichen Fülle eine herausgehobene Stellung einzunehmen scheint (vgl. Yunis 2011, 1) „anything but a disorganized or incoherent hodge-podge of ideas“ (Werner 2012, 239)? Lässt sich die Vielheit an literarischen Formen und philosophischen Themen im Phaidros-Dialog zu einer (guten und schönen) Einheit zusammendenken und in welcher Hinsicht? Oder konterkariert Platon mit seinem eigenen Werk die darin formulierten Ansprüche? Muss man das einende Moment des Dialogs stattdessen auf meta-narrativer Ebene, in der philosophischen Reflexion des Lesers, suchen? In der Übung werden wir uns der gemeinsamen Lektüre und Analyse des Dialogs widmen und uns dabei insbesondere mit den verschiedenen Lösungsstrategien der Forschung zur Frage nach Einheit und Geschlossenheit des Phaidros-Dialogs auseinandersetzen. Dabei werden auch Passagen thematisch verwandter Dialoge (z.B. Politeia, Symposion, Sophistes, Gorgias etc.) kontextspezifisch herangezogen. Einen Semesterplan und weitere Literaturhinweise erhalten Sie in der Einführung der ersten Sitzung sowie semesterbegleitend im Blackboard. Bitte verschaffen Sie sich zu Beginn des Semesters bereits einen Überblick über den grundsätzlichen Aufbau des Dialogs, für einführende Literatur und empfohlene Ausgaben s. Hinweise unten und im Blackboard. Die Übung ist für interessierte Studierende und Gasthörer/innen mit und ohne Kenntnisse des Altgriechischen geöffnet. close

Suggested reading

+++ TEXTKRITISCHE AUSGABE: Platonis Opera rec. brevique adnotatione critica instruxit Ioannes Burnet, Oxford 1957 (und jede andere textkritische Ausgabe). +++ EMPFOHLENE ZWEISPRACHIGE AUSGABE (GRIECH./DT.): Gunther Eigler (Hg.), Platon, Werke in acht Bänden, griechisch und deutsch, Fünfter Band: Platon. Phaidros, Parmenides, Briefe, bearb. von Dietrich Kurz, Darmstadt 2005. +++ KOMMENTARE: Harvey Yunis (Hg.), Plato. Phaedrus, Cambridge 2011 [empfohlen sei zur Einführung darin die nützliche Introduction, S. 1-31]; Ernst Heitsch, Platon. Phaidros, Übersetzung und Kommentar, (Platon Werke, Übersetzung und Kommentar, Bd. III 4 Phaidros), Göttingen 1993; Hackforth, R., Plato’s Phaedrus, translated with an introduction and commentary, Cambridge 1952 (= Repr. 1985). +++ LITERATUR ZUR EINFÜHRUNG: Harvey Yunis, Introduction, in: ders., Plato. Phaedrus, Cambridge 2011, 1-31; Daniel S. Werner, Chapt. 9: The Phaedrus as a Whole, in: ders., Myth and Philosophy in Plato’s Phaedrus, Cambridge 2012, 236-258; E. Heitsch, Dialektik und Philosophie in Platons ‚Phaidros‘, in: Hermes 125,2 (1997), 131-152. close

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