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Seminar
SoSe 18: Gender und Nation in Polen
Agnieszka Wieters-Wierzcholska
Kommentar
Die „Gendernorm“ in Polen ist historisch tradiert und eng mit der Vorstellung von der polnischen Nation verflochten. Die Nationsbildungsprozesse entwickelten sich vorwiegend während der Teilungszeit im 19. Jahrhundert unter „imperialer Überschichtung“. Der Kampf gegen die Fremdherrschaft war zentrales Element eines sich in dieser Zeit herauszubildenden Kanons, der zum Fundament eines kollektiven national-patriotischen Identitätsprofils wurde. Besonders herausragend ist in diesem Kanon das martyrologisch-messianische Muster, welche den Opfermythos der Polen zum zentralen Pfeiler der Nation erhob. Einerseits war für die den Frauen zugewiesene gesellschaftliche Rolle der gemeinsame Kampf mit den Männern gegen die Fremdherrschaft bedeutend, zugleich basierte der Gesellschaftsvertrag aber gerade auf einer Geschlechterdifferenz. Frauen mit der ihnen betrauten Rolle der Kindererziehung waren während der Teilungszeit zu Hüterinnen nationaler Traditionen geworden. Die Opferbereitschaft der Frau für die nationale Sache war fest in diesem Imaginarium eingeschrieben (Mythos der „Mutter-Polin“).
Zugleich waren aber auch der Widerstand gegen Fremdherrschaft und Bildungsarbeit im Untergrund wichtige weibliche Betätigungsfelder und Ingredienzen des sich ausprägenden gesellschaftlichen Frauenbildes. Dazu die Historikerin Pietrow-Ennker: Diese Neugestaltung der Frau [in der Teilungszeit] vermittelte einerseits Stärke im nationalen Widerstand, verflocht auf der anderen Seite aber Familie und Nation so stark miteinander, dass Emanzipation aus den Familienbeziehungen einem Verrat des Vaterlandes gleichzukommen schien.“
Das Seminar widmet sich anhand unterschiedlicher Quellen (Literatur, Film, Pamphlete) der Frage nach Geschlechterbildern in Polen – vom 19. Jahrhundert bis zum Ende der Volksrepublik. Neben Frauenbildern sind auch Entwürfe von „Männlichkeit“ Thema des Seminares.
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Literaturhinweise
Graff, Agnieszka: Stray Bullets. On the Subject of Gender, Sexuality, and Nation, Warszawa 2008.
Pietrow-Ennker, Bianka: Frau und Nation im geteilten Polen. In: Kemlein, Sophia (Hg.): Geschlecht und Nationalismus in Mittel- und Osteuropa 1848 – 1918. Osnabrück 2000, S. 125 – 142.
Walczewska, Slawomira: Damen, Ritter und Feministinnen. Zum Frauenrechtsdiskurs in Polen, Wiesbaden: Harrasowitz 2015.
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13 Termine
Regelmäßige Termine der Lehrveranstaltung
Do, 19.04.2018 10:00 - 12:00
Do, 26.04.2018 10:00 - 12:00
Do, 03.05.2018 10:00 - 12:00
Do, 17.05.2018 10:00 - 12:00
Do, 24.05.2018 10:00 - 12:00
Do, 31.05.2018 10:00 - 12:00
Do, 07.06.2018 10:00 - 12:00
Do, 14.06.2018 10:00 - 12:00
Do, 21.06.2018 10:00 - 12:00
Do, 28.06.2018 10:00 - 12:00
Do, 05.07.2018 10:00 - 12:00
Do, 12.07.2018 10:00 - 12:00
Do, 19.07.2018 10:00 - 12:00