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Seminar
SoSe 18: Recognition, Social Conflict and the Controversy about Identity Politics
Dennis Wutzke
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Welche Rolle spielen Begehren nach »Anerkennung« und nach »Wahrgenommen-Werden« in politischen Konflikten der Gegenwart? Ist es richtig, soziale Konflikte immer als Anerkennungskonflikte zu denken? Dann ließe sich auch der Aufstieg autoritärer Populismen als Folge eines Anerkennungsdefizits bei seinen Anhängern deuten. Oder ist jener Aufstieg gerade die Quittung für eine fortschreitende Verwandlung sozialer und wesentlich materieller Konfliktlinien in anerkennungsheischende Identitätspolitiken?
Ohne Vorentscheidung für die eine oder andere Seite orientiert sich das Seminar an dieser Grundfrage. Es bietet zunächst eine Einführung in die Anerkennungstheorie Axel Honneths und in die Zuspitzungen, die Honneth im Laufe von nun drei Jahrzehnten versucht hat – beispielsweise mit Arbeiten zur »Unsichtbarkeit«, häufig bezogen auch auf konkrete soziale Bewegungen. In kurzen Exkursen stellen wir den Kontrast Honneths heraus zur »alten« Kritischen Theorie, ebenso zu Varianten und Kritiken der Anerkennungstheorie bei Nancy Fraser, Paul Ricœur und Jessica Benjamin.
Das deutungsbedürftige Phänomen ist dann in der zweiten Hälfte des Semesters der Erfolg des gegenwärtigen sogenannten »Populismus«. Hier soll zunächst mutwillig offengehalten werden, ob Anerkennungstheorie zum Diagnoseinstrument taugt oder doch selbst Symptom einer verhängnisvollen Dethematisierung sozialer Probleme ist, die ihrerseits einer autoritären Wende zuarbeitet. Nach den Wahlerfolgen Trumps und Le Pens formulierten z.B. Mark Lilla und Didier Eribon schneidende Kritiken an der Preisgabe universalistischer und materialistischer Emanzipationsanstrengungen zugunsten partikularer und symbolischer »Identitätspolitik«. Solche Attacken korrespondieren mit älteren Vorwürfen an Honneths Anerkennungstheorie. Denn diese schien ja (vielleicht missverstanden) einen sozialphilosophischen Überbau zu liefern zur »Entmaterialisierung« sozialer Fragen zugunsten von »Identität«, zur Aufwertung gruppenspezifischer und subjektivistischer Perspektiven in den neuen sozialen Bewegungen. Andererseits gibt es heute doch besonders gute Gründe, Theorien zu vergegenwärtigen, die wie Honneth Gefühle der »Missachtung«, normative Begehren und Entfremdungserscheinungen zum Zentrum der Analyse des Politischen machen – angesichts eines Phänomens, dem augenscheinlich allein mit objektivierender Sozialstatistik, mit der bloßen Kartierung autoritärer »Syndrome« oder mit dem Blick auf Programme und Diskurse kaum auf die Spur zu kommen ist. close
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