16679 Vertiefungsseminar

SoSe 19: Kleider machen Leute. Entwürfe von Investitur und Devestitur in der geistlichen Literatur des Mittelalters

Caroline Emmelius

Kommentar

Kleider sind im Mittelalter Ausdruck von sozialer Zugehörigkeit und Identität: Am Äußeren einer Person erkennt man, welchen Stands und damit: wer sie ist. Identitäts- und Zugehörigkeitsfragen lassen sich daher am Medium der Kleidung besonders gut verhandeln, das zeigen nicht nur der Iwein, der Parzival oder die Verserzählung vom Helmbrecht. Im politischen Raum sind Einkleidungen (Investituren) ein wichtiges Ritual zur Einführung in ein Amt oder eine Machtposition, Devestituren entziehen eine solche Position wieder. Das Seminar wird sich mit Ein- und Entkleidungen vor allem in geistlichen Texten beschäftigen, für die das Paradigma von Kleidung und Nacktheit in der biblischen Genesis ein wichtiger Bezugspunkt ist. Mystische Viten und Offenbarungen bedienen sich besonders intensiv bei Gewandmetaphern: In Mechthilds (von Magdeburg) Fließendem Licht der Gottheit kleidet sich die Seele in die Gottheit; sie entkleidet sich aber auch von allen Tugenden, um sich mit Christus zu vereinen. Im Liber specialis gratiae der Helftaer Zisterzienserin Mechthild von Hackeborn kleidet die Liebe selbst Gott und die Seele in ihren weltumspannenden Mantel. In Heinrich Seuses Vita erfährt die Figuration des dieners im Zuge einer visionär erfahrenen mystischen Schwertleite seine Einkleidung zum geistlichen Ritter. In der Legendarik des 12. und 13. Jahrhunderts wird Kleidermotivik in z.T. brisanter Weise für die Handlungsgestaltung genutzt: Der Hlg. Franziskus manifestiert seine conversio zum armen Büßerleben mit der Rückgabe seiner Kleider an seinen Vater; von der Hlg. Elisabeth von Thüringen wird wiederholt berichtet, sie habe ihre fürstlichen Gewänder ab- und schlichte graue Wollgewänder angelegt. Einkleidungswunder zeigen im Umkehrschluss, dass Gott die Landgräfin nicht vor der Hoföffentlichkeit bloßstellt. Ein- und Auskleidung erweisen sich hier als symbolische Handlungen, über die Ambivalenzen der Figur verhandelt werden. Der Diskussion im Seminar wird es darum gehen, die kulturelle Semantik von Ein- und Entkleidungen besonders für den geistlichen Diskurs auszuloten, zugleich aber auch danach zu fragen, welche poetischen Valenzen Gewandmetaphern und Kleidungs-Narrative in den jeweiligen Texten erzeugen. Text(auszüge) werden den Teilnehmer*innen zu Beginn des Seminars über Blackboard zu Verfügung gestellt. Zur einführenden Lektüre empfehle ich das Buch des Historikers Jan Keupp: Die Wahl des Gewandes. Mode, Macht und Möglichkeitssinn in Gesellschaft und Politik des Mittelalters, Ostfildern 2010; sowie dessen Einführung: Mode im Mittelalter, 2. Aufl. Darmstadt 2016. Aus literaturwissenschaftlicher Perspektive grundlegend: Andreas Krass: Geschriebene Kleider. Höfische Identität als literarisches Spiel, Tübingen 2006. Zu Gewandmetaphorik in geistlicher Literatur u.a. Thomas Lentes: Die Gewänder der Heiligen. Ein Diskussionsbeitrag zum Verhältnis von Gebet, Bild und Imagination. In: Gottfried Kerscher (Hg.): Hagiographie und Kunst. Der Heiligenkult in Schrift, Bild und Architektur, Berlin 1993, S. 120-151. Schließen

13 Termine

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