Dieses Seminar widmet sich dem Leben im Warschauer Ghetto, in den verschiedenen Phasen der Shoah. Bis zu einer halben Million Menschen lebte zeitweise im Warschauer Ghetto, sie hinterließen Tagebücher, Bilder, Erinnerungen, Zeitungen, ein geheimes Archiv des Überlebens und des Sterbens. In der letzten Dekade widmeten sich Forschende zunehmend der „Lebenswelt Ghetto“. Sie stellten die Menschen im Ghetto in den Fokus ihrer Analyse – den „Alltag und ihre Kultur, ihre Kommunikation und Interaktion, ihre Wahrnehmungen, Handlungsspielräume und Entscheidungsmuster“. (I.Hansen / K. Steffen / J.Tauber (Hg.): Lebenswelt Ghetto, Wiesbaden 2013, S. 8.). Damit erweiterten sie die Forschungsperspektive und untersuchten die Ghettoisierung nicht ausschließlich als eine Stufe im Vernichtungsprozess der (polnischen) Judenheiten. Denn lange Zeit dominierte das Interesse an der Motivation, Intention und Durchführungsstrategien der Täter die Forschung. In lebensweltlich inspirierten Untersuchungen zum Ghetto dagegen stehen die Jüdinnen und Juden als handelnde Akteure im Mittelpunkt, ohne natürlich den Kontext der Verfolgung und des Zwangs außer Acht zu lassen. In diesem Blockseminar, das hauptsächlich als Lektüreseminar konzipiert ist, widmen wir uns ausführlich den Quellen – Tagebüchern, dem Archiv Ringelblum, Interviews mit Ghettokämpfern, aber auch Filmmaterial. Die Studierenden sollen anhand eigener, eingehender Lektüre der relevanten Literatur einzelne Themenbereiche erarbeiten und diese im Seminar gemeinsam diskutieren. Die Abstände zwischen den einzelnen Blocksitzungen sollen als Lektürezeit genutzt werden. close

Ruta Sakowska: Menschen im Ghetto. Die jüdische Bevölkerung im besetzten Warschau 1939-1943. Osnabrück 1999. Leociak, Jacek / Engelking, Barbara (Hg.): The Warsaw Ghetto. A Guide to the Perished City. New Haven / London 2009. close