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Lecture
SoSe 19: Heldenepik
Ralf Schlechtweg-Jahn
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Von der mittelalterlichen Heldendichtung dürfte heute wohl noch das Nibelungenlied am
bekanntesten sein, auch wenn es diesen Bekanntheitsgrad weitgehend der unsinnigen
Bezeichnung als „deutsches Nationalepos“ verdankt. Diesem Zugang verdanken sich
auch die zahlreichen modernen Adaptionen des Stoffes in Oper, Theater, Roman und
Film, über deren Funktion im deutschen Nationalismus zu reden sein wird. An den drei
mittelalterlichen Fassungen des Nibelungenliedes lassen sich dagegen die Schwierigkeiten
zeigen, die die Integration dieses Stoffes in die höfische Welt um 1200 gemacht haben
muß. Die zumeist mit dem Nibelungenlied gemeinsam überlieferte Klage ist heute weniger
bekannt, sie galt als Fortsetzung des Nibelungenliedes dem Mittelalter aber offenbar
als integraler Bestandteil des Textes.
Die größte Gruppe der Heldendichtung stellt jedoch die Dietrichepik dar, also Geschichten
um den Helden Dietrich von Bern. In der Dietrichepik gibt es eine ausgesprochene Tendenz
zur Zyklusbildung, wobei die verschiedenen Geschichten sich mehr oder weniger
glücklich ergänzen. Üblicherweise unterscheidet man historische (Dietrichs Flucht, Die
Rabenschlacht, Alpharts Tod, Dietrich und Wenezlan) von märchenhaften Geschichten
(Eckenlied, Sigenot, Goldemar, Virginal, Laurin, Der Wormser Rosengarten, Biterolf und
Dietleib). Dietrichepik und Nibelungenlied sind miteinander verknüpft, denn in einigen Texten
tauchen Figuren aus dem jeweils anderen Umkreis auf.
Einige weitere Texte lassen sich diesen beiden Gruppen nicht ohne weiteres zuordnen
(Ortnit, Wolfdietrich, Walther und Hildegund, Kudrun) .
Mit Artusroman und Heldendichtung stehen dem mittelalterlichen Adel zwei sehr unterschiedliche
Textgruppen zur Selbstreflexion zur Verfügung, und so wird ein zentraler Aspekt
der Vorlesung der Frage gewidmet sein, welche Möglichkeiten die Heldendichtung
bot, die der Artusroman offenbar nicht abdecken konnte. close
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