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Seminar
SoSe 19: Synästhesie. Von symbolistischer Poetik zur experimentellen Erforschung der Wahrnehmung
Willi Reinecke
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Farben hören, Töne sehen, Buchstaben schmecken: Individuell je verschiedene Synästhesien eint das Zusammenspiel der Sinne, die multimodale Wahrnehmung.
Insbesondere symbolistische Poetik erklärt transmodale Äquivalenz zum Leitprinzip des dichterischen Schaffensprozesses. An der Wende zum 20. Jahrhundert, nachdem bereits in Physiologie und Psychologie zur Synästhesie geforscht wurde, experimentiert Dichtung mit trans-sensorischen Analogien und Metaphern von Klang, Farbe und Berührung. Mit Beispielen aus dem russischen Symbolismus (Belyj), der Malerei (Kandinsky) und Komposition (Skrjabin) widmet sich das Seminar verschiedenen künstlerischen Praktiken der Synästhesie.
Bereits der „sechste Sinn“ bei Aristoteles hat die „Einheit der Sinne“ im Werk Herders vorbereitet und damit auch die radikale These des Phänomenologen Merleau-Ponty, dass Synästhesie der Normalfall sei, nicht die Ausnahme. Das Seminar rekonstruiert die Parallelen in Poetik, Naturwissenschaft und Ideengeschichte mit besonderem Fokus auf den Aspekt der Wirkung. In der Tradition des Gesamtkunstwerks wird Synästhesie zum Versprechen totaler Einwirkung auf Rezipienten. Gegen diese vereinnahmenden Tendenzen in geradezu kosmischen Dimensionen lohnt es sich den Prozess der Multimodalität zunächst als erweiterte und aktivierte Aisthesis zu untersuchen.
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