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Seminar
SoSe 20: Literatur als Feldforschung - Literatur als Forschungsfeld
Susanne Strätling
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Literatur als Feldforschung – Literatur als Forschungsfeld
Das Seminar führt zwei methodische Stränge zusammen, die sich in den vergangenen Jahren unabhängig voneinander zu einflussreichen literatur- und kulturtheoretischen Paradigmen entwickelt haben: a) die Schreibprozessforschung, b) die Raumforschung. Während die Schreibprozessforschung die „Schreib-Szene“ (Campe) zurückbindet an mediale Techniken, Gesten und situative Rahmungen der Textproduktion, geht es der Raumforschung im Zuge des spatial turn um die Wiederentdeckung der basalen Tatsache, dass nicht nur jedes Ereignis, jede Handlung, jede Erfahrung eine räumliche Signatur aufweist, sondern zugleich auch Räume hervorbringt. Diese Doppelstruktur kennzeichnet auch den Akt des Schreibens. Im Seminar wollen wir das Schreiben unter den oftmals höchst instabilen Bedingungen der Feldforschung untersuchen. Als Ausgangshypothese dieser Untersuchung ließe sich formulieren: Im Kontext der Feldforschung entdecken Schriftsteller die Literatur als Feld wie auch als Instrument und Medium der Forschung neu.
Diese Hypothese überprüft das Seminar systematisch an Fallstudien. In exemplarischer Lektüre von Auszügen aus Expeditionsberichten und feldforschungsbasierten literarischen Texten von ca. 1850 bis in die Gegenwart konzentriert sich die Analyse darauf, wie im Pendeln zwischen oft schwer zugänglichen Räumen und heimischem Schreibtisch, im Ineinander von Sammeln, Faktensichern, Beobachten und Aufzeichnen spezifische Techniken einer „Vertextung der Welt“ (Görbert) herausgebildet werden. Aus Forschungsreisen und Expeditionen gehen Texte hervor, die sich heuristisch im weitesten Sinne als „Transkripte des Raums“ (Augé) bezeichnen lassen, d.h. als Versuche, die Ordnung von Räumen zu erschließen, indem sie in die Ordnung von Texten übersetzt und darin neu angeordnet werden. Um die Spezifik der jeweiligen Ansätze zu erschließen, werden Konzepte aus der Ethnologie und Anthropologie, der Raumtheorie und der kulturtechnischen Genealogie des Schreibens herangezogen. Der geographische Schwerpunkt der Fallstudien liegt auf der osteuropäischen und fernöstlichen terra incognita.
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Mon, 2020-07-13 18:00 - 20:00