SoSe 20: Übersetzen: Theorie und Praxis
Wolfgang Hottner
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In einer Rezension der Gedichte Paul Verlaines aus dem Jahr 1926 schreibt der Theoretiker und Übersetzer Walter Benjamin: „Wer übersetzt, arbeitet in zwei Sprachen. Sein Material – vielmehr: sein Organ – ist neben seiner Muttersprache nicht sowohl der fremde Text als vielmehr dessen Sprache. Aus beiden Sprachen baut er etwas auf und kann gemeinhin schon von Glück sagen, wenn sein Gerüst ein wenig länger hält als ein Kartenhaus sich hält.“ Eine solche Arbeit zwischen den Sprachen, zwischen dem Fremden und Eigenen soll Thema des Seminars sein, ist doch Übersetzen, als Theorie und Praxis, für eine Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft in weltliterarischer Absicht von zentraler Bedeutung. Literarische und theoretische Texte im Hinblick auf ihre Übersetzung, Übersetzbarkeit und Unübersetzbarkeit zu untersuchen, impliziert nicht nur eine spezifische Aufmerksamkeit für Praktiken des Lesens, Schreibens und Vermittelns, sondern hat auch diejenigen Kontexte, Diskurse und Öffentlichkeiten zu berücksichtigen, aus denen ein Text stammt und als übersetzter eingeht. Wie die Arbeiten von Barbara Cassin und Emily Apter gezeigt haben, ereignen sich nämlich insbesondere in den Übergangszonen (translation zones ) zwischen den (National-)Sprachen sowie im Umgang mit ‚unübersetzbaren‘ Begrifflichkeiten produktive Widerstände, mit denen wir uns auseinandersetzen wollen.
Das Seminar besteht aus der Lektüre wichtiger übersetzungstheoretischer Texte (Benjamin, Apter, Cassin, Hamacher, Venuti), praktischen Übungen sowie insbesondere der Arbeit an einem eigenen Übersetzungsprojektes im Laufe des Semesters.
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Zur Vorbereitung: Kate Briggs, This little Art, London 2017.
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