SoSe 22: Filmgeschichte (Methodenübung D): Thriller der 80er und 90er Jahre
Danny Gronmaier
Kommentar
Die Übung möchte eintauchen in eine Epoche des Thriller-Films, die Georg Seeßlen einmal als eine „Zeit der Unübersichtlichkeit“ beschrieben hat, die sich vor allem durch undurchschaubare Konfliktlagen und eine „Privatisierung der Geschichten“ auszeichne (Seeßlen 1995). Unabhängig davon, ob man dieser Diagnose folgt, sind damit Stichworte genannt, die für einen filmhistorischen Zugang jenseits strikter Periodisierung und reiner Inhaltsanalyse interessant werden. Ist die (Un)Möglichkeit von Filmgeschichtsschreibung nicht gerade in der Spannung zwischen der Hingabe an eine solche Verworrenheit und der Herstellung von Übersichtlichkeit zu suchen? Sind persönliche Geschichten nicht immer schon Effekte und Überformungen von Geschichte als einem medialisierten Verhältnis von Privatheit und Öffentlichkeit? Und ist nicht zuletzt mit dem Undurchschaubaren bereits ein zentrales Realismusprinzip des Thrillers angesprochen?
Mit solcherart Fragen am Horizont werden wir uns im Sinne einer „historischen Poetik des Films“ (Kappelhoff/ Grotkopp 2017) einem heterogenen Korpus zuwenden, in welchem sich in Filmen wie etwa „Manhunter“, „Sliver“ oder „Just Cause“ der Thrill als ein mediales Gefühl der Zwiespältigkeit (zwischen Angst und Lust, Abscheu und Verlangen, Hoffnung und Verzweiflung) mit ganz unterschiedlichen Genremodalitäten verbindet: Crime, Horror, Mystery, Action, Court Room Drama, Soft Porn. Während dabei die Erschütterung einer unversehrten und souveränen Zuschauerposition ins Zentrum ästhetischer Bearbeitung rückt, wird gleichzeitig das zentrale Thema des schweren Gewaltverbrechens und dessen Aufklärung diskursiv überraschend vielfältig gerahmt, etwa im Hinblick auf die Frage nach rassistischen Strukturen. Entlang des filmanalytisch fundierten Nachvollzugs dieser Verbindungen, Strategien und Rahmungen soll der geschichtliche Erfahrungsraum, den diese Filme hervorbringen, genauer ausgeleuchtet und auf seine soziokulturellen Verschattungen hin untersucht werden.
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