15310 Seminar

SoSe 22: Idee und Kritik der "Meinungsfreiheit" - historische und sozialphilosophische Lektüren

Dennis Wutzke

Kommentar

Idee und Kritik der „Meinungsfreiheit“ - historische und sozialphilosophische Lektüren In den aufgeheizten Debatten der Gegenwart erscheint die Betonung der Freiheit von „Meinung“ in Konflikt zu geraten mit dem Beharren auf der Autorität von Fachkompetenz und unhintergehbarer Faktizität. Wo eine Bedrohung der Meinungsfreiheit nicht nur in Diktaturen, sondern auch hierzulande skandalisiert wird, da zielen die Skandalisierer meist nicht auf das handfeste Verbot, sondern eher auf ein durch vermeintliche Diskursmacht, Sprachregelung, Wissenschaftshörigkeit und „Massenmedien“ verschuldetes Nicht-Genug-Vorkommen. Doch solche Konstellationen, in denen die positive Ausgestaltung der Kommunikationsmedien, ja Machtverhältnisse der Kommunikation thematisch werden, waren lange gerade nicht strukturierend für die Weisen, in denen über Meinungsfreiheit nachgedacht wurde. Häufiger war die Idee, dass die Freiheit der Meinungen, des Gedankens bzw. die ihres Ausdrucks in der Rede negativ die Bedingungen dafür zu garantieren habe, dass es den „falschen“ unter ihnen besonders streng, aber auch besonders legitim an den Kragen geht. Negativ heißt: Keine Zensur, kein Dogma, kein Verbot, kein Polizeiknüppel sollten dem „Richterstuhl der Vernunft“ hineinregieren in die Aufgabe, das Triftige vom Unsinnigen zu scheiden. Verlagert eher auf Prozeduren denn auf immanente Qualitäten des Gesagten kehrt solcher Aufklärungs-Optimismus auch wieder in Motiven des 20. Jahrhunderts wie Habermas‘ „zwanglosem Zwang des besseren Arguments“. Meinungsfreiheit sorgt für die bedingende Zwanglosigkeit, derer es bedarf, um den durchaus gewünschten „Zwang“ – den des besser Argumentierten – zur Geltung zu bringen. Meinungsfreiheit hegt in solcher Perspektive die agonale Macht der Argumente nicht ein, sondern ermöglicht und steigert sie. Doch ist die „Macht“ der frei zur Geltung kommenden Rede das, als was sie sich selbst stilisiert – zumal in den vorfindlichen Öffentlichkeiten? Sind die Regeln und Mechaniken des öffentlichen Diskurses tatsächlich „frei“, sobald rechtliche Erlaubtheit garantiert ist? Auf der skeptischen Gegenfahrbahn zur Aufklärungsemphase hegt man hier bösen Verdacht. Der kann sich mit machtkritischer Wahrheitsskepsis verbünden (Nietzsche bis Foucault), er kann auch gerade im Namen der Wahrheit und des guten Argumentierens gegen die Pathologien realexistierender Öffentlichkeit angehen (Hannah Arendt und die Frankfurter Schule); er kann aus der möglichen Gewaltförmigkeit von öffentlichem Sprachgebrauch Argumente für dessen Regulierung ziehen. Sowohl Begründungen wie Kritiken der Meinungsfreiheit koalieren mit sehr konträren Wahrheitstheorien und mit unterschiedlichen Konzepten politischer Öffentlichkeit. In solcher Absicht zur Differenzierung beschäftigt sich das Seminar mit der neuzeitlichen Idee der „Meinungsfreiheit“: nicht verfassungsrechtlich, kaum ethisch, sondern vorrangig ideengeschichtlich und sozialphilosophisch. Das Seminar gliedert sich in drei Teile: Wir lesen in der ersten Hälfte Auszüge aus klassischen Texten der Ideengeschichte der Meinungsfreiheit des 18. und 19. Jahrhunderts. Anschließend widmen wir uns Reflexionen über das Verhältnis von Meinungsfreiheit und Pathologien der Öffentlichkeit im 20. Jahrhundert. Erst am Ende, in den letzten drei bis vier Sitzungen, wenden wir uns in Exkursen den Debatten der aufgeregten Gegenwart zu (die sog. „Cancle Culture“ an den Universitäten / der Wissenschaftsrelativismus in der Corona-Krise / die Begründungen für das Verbot der Holocaust-Leugnung). Schließen

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