SoSe 22: Aufführung im Kontext
Matthias Warstat
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Die Theaterwissenschaft hat in den zurückliegenden Jahren ein verstärktes Interesse an den gesellschaftlichen, kulturellen und institutionellen Rahmenbedingungen von Aufführungen entwickelt. Aufführungen entstehen nicht aus dem Nichts und operieren nicht allein auf weiter Flur. Ihnen gehen oft lange, aufwendige Produktions- und Probenprozesse voraus. Die einstudierten Darbietungen treffen auf ein Publikum, dessen Mitglieder in bestimmten sozialen Milieus verankert oder in konkrete politische Konflikte verstrickt sind und die je eigene Erwartungen an das Theater herantragen. Auch gibt es öffentliche Theaterdiskurse, die sich unabhängig von einzelnen Inszenierungen entwickeln, aber dennoch nicht ohne Auswirkung auf ein Aufführungsgeschehen bleiben. Viele Theaterwissenschaftler*innen spüren deshalb eine Notwendigkeit, Aufführungen „im Kontext“ zu betrachten, sie also zu ihrer soziokulturellen und politischen Umgebung in Beziehung zu setzen: An wen ist eine Theaterinszenierung adressiert und wen spricht sie tatsächlich an? Welches sind die materiellen und institutionellen Voraussetzungen, die bestimmte Performances möglich machen und andere verhindern? Welche sozialen Ein- und Ausschlussmechanismen wirken in der Theaterpraxis? Für die Theaterwissenschaft stellt sich das Problem, wie – mit welchen Methoden und Ansätzen – solche Fragen untersucht werden können: Aufführungsanalysen alleine reichen dafür womöglich nicht aus, sondern müssten mit weiteren Verfahren kombiniert werden. Solche Erweiterungen der Aufführungsanalyse sollen im Seminar diskutiert und erprobt werden. Das Seminar eignet sich auch zur Vorbereitung auf Bachelorarbeiten im Bereich Gegenwartstheater, weil viele praktische Probleme des aufführungsanalytischen Arbeitens besprochen werden sollen. Auch gemeinsame Aufführungsbesuche und -diskussionen sind vorgesehen.
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