SoSe 22: Freie Szene: Geschichte(n), Institutionen, Strukturen und Ästhetiken
Theresa Schütz
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Die Bezeichnung „Freie Szene“ verweist auf die Gesamtheit „frei produzierender Künstler*innen, Ensembles, Einrichtungen und Strukturen in freier Trägerschaft aus allen Bereichen, einschließlich Bildende Kunst, Tanz, Schauspiel, Performance, Neue Medien [...] bis zur Neuen Musik, Musiktheater, Kinder- und Jugendtheater, Literatur sowie spartenübergreifender und transdisziplinärer Formate.“ (Koalition der Freien Szene Berlin). Neben der Finanzierung ist es vor allem auch die Struktur der Kunstproduktion, die die Freie Szene (z. B. im Bereich der darstellenden Künste) von den Stadt- und Staatstheatern sowie Privattheatern unterscheidet. Schließlich verweist die Freiheit im Sammelbegriff auf die Möglichkeit machtkritischer, hierarchieärmerer, kollektiver Arbeitsweisen. Nicht selten erwachsen daraus ästhetische Innovationen, werden neue Formen und Formate entwickelt oder gesellschaftspolitische Diskurse angestoßen. Die Schattenseite jener Freiheit im Sinne einer potentiellen institutionellen Unabhängigkeit ist die Verstrickung von Akteur*innen der Freien Szene in neoliberale Projekt-Logiken und toxische Selbstausbeutungsmechanismen, die ihrerseits Gegenstand kritischer Reflexion sind.
Das Seminar setzt historisch bei der Herausbildung der Freien Szene im deutschsprachigen Raum seit den sechziger Jahren in der BRD wie auch DDR an und zeichnet entlang ausgewählter Institutionen, Künstler*innen-Gruppen und Kollektive wesentliche Ziele alternativer Arbeitsweisen und Lebensformen im Feld ‚freier‘ ästhetischer Kunstproduktion nach. Es macht Halt in den achtziger und neunziger Jahren, um einen Blick auf den Zusammenhang der Institutionalisierung angewandter Theaterwissenschaft und einer neuen Generation von Performancekollektiven wie z. B. She She Pop, Gob Squad oder Rimini Protokoll zu werfen, die mit ihren Produktionen bis heute das Gegenwartstheater prägen. Der Schwerpunkt des Seminars liegt dann auf dem Kennen- und Verstehen-Lernen der aktuellen „Freie Szene“ Berlins, ihrer Förderstrukturen, Netzwerke und Bündnisse, Institutionen, Künstler*innen, prägnantesten Ästhetiken und Diskursstränge sowie kulturpolitischen Ziele – und damit zum einen auf dem gemeinsamen Besuch zahlreicher Häuser und Aufführungen und zum anderen auf dem Austausch mit Akteuren aus der Szene, die ins Seminar eingeladen werden.
Zur Vorbereitung empfiehlt sich ein Blick in: Henning Fülle: Freies Theater. Die Modernisierung der deutschen Theaterlandschaft. Berlin 2016 sowie Openings. Sophiensæle 2011-2021. Berlin 2021.
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