Auch 200 Jahre nach seinem Tod ist Büchners Position in Fragen der Religion und des Glaubens umstritten. Für viele ist er ein überzeugter Atheist, für andere ein christlicher Revolutionär. Unbestritten aber ist, dass das gesamte Werk des Dichters, politischen Akteurs und Naturwissenschaftlers Georg Büchner (1813-1837) von einer intensiven Auseinandersetzung mit religiösen Fragen zeugt: Was treibt den Menschen an jenseits materieller Gier? Ist ein Glaube an Gott angesichts des menschlichen Leidens überhaupt möglich? Ist ein Übertreten des 5. Gebotes (Du sollst nicht töten) erlaubt, um Gerechtigkeit herzustellen? Anhand der Lektüre von literarischen Texten (Hessischer Landbote, Dantons Tod, Lenz, Leonce und Lena, Woyzeck) und Briefen wird in dieser Lehrveranstaltung Büchners ›Kritik der Religion‹ analysiert, insofern sie beides meint: sowohl seine kritische Auseinandersetzung mit der Institution Kirche und einem leichtfertigen oder bequemen Glauben als auch Büchners Kritik an den Zuständen seiner Zeit, die sich nicht zuletzt aus seiner produktiven Auseinandersetzung mit Aspekten christlicher Anthropologie speist. Beispielsweise wird zu fragen sein, ob Spuren eines christlich geprägten Konzeptes von Mensch und Mitmenschlichkeit in den Büchnerschen Texten zu finden sind. Zur Vorbereitung empfohlen: Fiesser, Wilhelm: Christus-Motive in Revolutionsdramen, Heidelberg 1977 (zu Dantons Tod). – Glebke, Michael: Die Philosophie Georg Büchners, Marburg 1995. – Kahl, Joachim: Der Fels des Atheismus. Epikurs und Georg Büchners Kritik an der Theodizee. In: Georg-Büchner-Jahrbuch 2/1982, Frankfurt am Main, 1983. – Wagner, Wendy: Georg Büchners Religionsunterricht, 1821 – 1831. Christlich-protestantische Wurzeln sozialrevolutionären Engagements, New York u.a. 2000. – Waragai, Ikumi: Analogien zur Bibel im Werk Büchners. Religiöse Sprache als sozialkritisches Instrument, Frankfurt am Main [u.a.] 1996. close