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Reading Course
WiSe 13/14: Die literarische Darstellung des Nordens von der Antike bis zur Renaissance
Gian Franco Chiai, Bernd Roling
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In den antiken, mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Literaturen wird der Norden gern mit einem phantastischen Ensemble an imaginären oder semirealen Völkern und Lebewesen bevöl-kert. Schon Herodot, der "Vater der Geschichtsschreibung", erzählt im 5. Jh. v. Chr. von den gottgefälligen Hyperboreern, einem Volk, das "jenseits des Boreas (Nordwindes)" wohnt. So-lange die Griechen und Römer über diese Gebiete Europas und Asiens keine gesicherten Kenntnisse gewonnen hatten, entzog sich der Norden als geographischer Begriff der exakten Festlegung und konnte als literarische "Leerstelle" für unterschiedliche Vorstellungen ein-gesetzt werden. An der nördlichen Peripherie wurden so unterschiedliche Völker wie die Kel-ten, Germanen, Thraker oder Skythen lokalisiert. Der Norden lieferte auf diese Weise gegen-über der weit fortschrittlicher und zivilisierter empfundenen Oikumene oder "Mitte" einen alter orbis, eine andere Welt, die sich wegen der anderen klimatischen und naturräumlichen Bedingungen vom "Normalen" und "Gewohnten" unterscheiden musste. Gerade die nordi-sche Kälte stellte eine solche Eigenschaft dar: sie prägte nicht nur die Physis, sondern auch die Psyche der dortigen Einwohner, die in der Regel als groß, blond und tapfer imaginiert werden. Das Fortleben dieser und vieler anderer ähnlicher antiker Traditionen, die ein Bild es Norden generieren, lässt sich über das Mittelalter bis zur Renaissance verfolgen.
Diese Lehrveranstaltung möchte anhand von ausgewählten Texten die Rolle des Nordens als imaginärer Raum in der griechischen und lateinischen Literatur erforschen und die Verwendung und Adaptation der klassischen Topoi im Mittelalter und Früher Neuzeit rekonstruieren.
Literatur:
E. Norden, Die germanische Urgeschichte in Tacitus Germania, Leipzig/Berlin 1920; D. Detlefsen, Die Entdeckung des germanischen Nordens im Altertum (QuFaGG. 8), Berlin 1940; L. De Anna, Il mito del Nord. Tradizioni classiche e medievali, Napoli 1994; L. Käppel, Bilder des Nordens im frühen antiken Griechenland, in: Ultima Thule. Bilder des Nordens von der Antike bis zur Gegenwart, Frankfurt am Main et al. 2001, S. 11-27; A.A. Lund, Die Erfindung Germaniens und die Entdeckung Skandinaviens in Antike und Mittelalter, in: Ultima Thule. Bilder des Nordens von der Antike bis zur Gegenwart, Frankfurt am Main et al. 2001, S. 29-45; P. Kochanek, Die Vorstellung vom Norden und der Eurozentrismus. Eine Auswertung der patristischen und mittelalterlichen Literatur, Mainz 2004.
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