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WiSe 14/15: Wilhelm von Conches, Dragmaticon

Cornelia Selent

Kommentar

Im 12. Jahrhundert erfuhr die Naturphilosophie eine bis dahin ungekannte Aufwertung innerhalb des europäischen mittelalterlichen Geisteslebens. Ein einflussreicher Protagonist der scientia naturalis war der in der Normandie beheimatete Wilhelm von Conches (ca. 1080/90-1154). Dessen Schriften stehen im Zentrum des Seminars, vor allem sein sowohl naturphilosophisch bedeutendes, als auch literarisch anziehendes und soziologisch bemerkenswertes Lehrgespräch "Dragmaticon philosophiae". Anhand dieser Schrift soll zunächst die Frage nach der unter dem Schlagwort "Naturphilosophie" verstandenen Themenbreite beantwortet und ein stofflicher Gesamtüberblick gegeben werden. In einem zweiten Schritt werden Auszüge aus dem "Gesprächsdrama" gelesen, um anhand ausgewählter Themen das Wissen zu dem jeweiligen Sachverhalt in Verbindung mit der Methode der kausalen Naturerklärung kennenzulernen. Die Feinheiten der Elementenlehre kommen ebenso zur Sprache, wie die physiologische und psychische Natur des Menschen. Aber auch: Wie entstehen die Winde? Wie lässt sich die Erscheinung des Regenbogens erklären? Warum laufen wasserführende Brunnen nicht über? Anhand des Wissensbestandes wird auch das mitunter problematische Verhältnis zwischen platonischer Naturphilosophie und Theologie diskutiert. Ebenso spannend ist der Umgang mit Autoritäten, deren Meinungen oft erst durch eigene Naturbeobachtungen verifiziert und anerkannt werden. Darüber hinaus soll die dem Dialog innewohnende Komik zur Sprache kommen, denn die soziale Konstellation der Gesprächspartner - normannischer Herrscher und Philosoph - gibt die Lizenz zum Spiel mit den gattungsgemäß festgelegten Rollen. Im Laufe des Seminars ergänzen weitere relevante Texte sowohl Wilhelms (dessen Frühwerk "Philosophia" u.a.) als auch seiner Zeitgenossen die Literaturauswahl.
Literaturhinweise zur Vorbereitung: Wilhelm von Conches, Dragmaticon philosophiae, hg. v. Italo Ronca, Turnhout 1997. Wilhelm von Conches, Philosophia, hg. u. übersetzt v. Gregor Maurach u. Heidemarie Telle, Pretoria 1980. Andreas Speer, Die entdeckte Natur. Untersuchungen zu Begründungsversuchen einer "scientia naturalis" im 12. Jahrhundert, Leiden u.a. 1995, S. 130-221. Nigel F. Palmer, Wilhelm von Conches, in: Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon, hg. v. Burghart Wachinger u.a., Bd. 11, Berlin/New York 2010, Sp. 1663-1668. Zur Einstimmung eine der zahlreichen überlieferten Handschriften: http://sammlungen.ub.uni-frankfurt.de/msma/content/pageview/4228470 Das "Dragmaticon philosophiae" ist auf den Seiten 1r-44v zu finden. Schließen

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Mo, 13.10.2014 14:00 - 16:00

Dozenten:
Cornelia Selent