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WiSe 14/15: Literarischer Schwindel. Ästhetik und Politik der Mystifikation

Henrike Schmidt

Kommentar

Das Fälschen literarischer Werke hat Tradition: Wohl berühmtestes Beispiel sind die Gesänge Ossians, vorgeblich altgälischen Ursprungs, die der schottische Schriftsteller James Macpherson im 18. Jahrhunderte "erdichtete", um die Existenz eines schottischen Nationalepos zu beweisen. Eine ganze Generation europäischer Dichter wurde zum begeisterten Opfer dieses Betrugs, der den romantischen Kult der Volkspoesie begründete. Der literarische Schwindel der Mystifikation hat eine politische Komponente, im Sinne der intendierten Nationen- und Kanonbildung. Und eine ästhetische Faszination - hinsichtlich der Paradoxie der Fälschung im Modus des Fiktionalen. Aus letzterem speisen sich auch die spezifischen narrativen Muster der fingierten Herausgeberschaft und Übersetzung, mit ihrer Problematisierung literarischer Kernkonzepte wie Autorschaft und Original, Fälschung und Kopie. Das Seminar folgt den Spuren und Mustern Ossians und Macphersons durch Romantik, Moderne und Postmoderne, durch europäische Literaturen wie die deutsche, polnische, tschechische oder bulgarische, mit Abstechern in die lateinamerikanische Mystifikationsästhetik etwa im Werk Jorge Luis Borges. Zur Vorbereitung empfohlene Lektüre: Wolf Gerhard Schmidt: "Homer des Nordens" und "Mutter der Romantik". James Macphersons Ossian und seine Rezeption in der deutschsprachigen Literatur. De Gruyter, Berlin 2003. Schließen