17555

WiSe 14/15: Ko-Absenz. Körper und Wahrnehmung in aktuelem Tanz- und Performancegeschehen

Isa Wortelkamp

Kommentar

Die gemeinsame Anwesenheit von Zuschauern und Darstellen während der Aufführung gilt als eine grundlegende Bestimmung der Theatererfahrung. Eine besondere Bedeutung kommt dabei dem Körper zu - dem Körper des Zuschauers und des Darstellers. Es ist die Rede von einer "unmittelbaren Körperlichkeit" und "materiellen Präsenz", die uns in unserer eigenen körperlichen Anwesenheit im Theater anzusprechen vermag. Was aber geschieht, wenn wie in Tales oft he Bodiless von Eszter Salamon keine Körper auf der Bühne sichtbar werden, wir diese aber hören können? Was, wenn die Choreografin Isabelle Schad in Der Bau ihren Körper in Stoffbahnen hüllt oder sich seine Formen ins Unbestimmbare auflösen? Wie präsent ist ein Körper, der nicht selbst, sondern als Projektion auf einer Leinwand erscheint? Und: wie nehmen wir unsere eigene körperliche Anwesenheit in einem Theater ‚ohne Körper' wahr? Die sprachliche, bildliche und klangliche ‚Auflösung des Körpers' drängt zu einer grundlegenden Befragung der Bedeutung des Körpers für die ästhetische Erfahrung im Theater - zumal in Tanz und Performance. Sind diese gemeinhin mit der Erwartung hoher körperlichen Präsenz verbunden, so stellen aktuelle Inszenierungen Konzepte der Live-und Ko-Präsenz zur Disposition, die auf der Erfahrung eines anwesenden Körpers auf der Bühne und eines gemeinsam geteilten Raumes von Zuschauern und Darstellern basieren. Präsenz zeigt sich hier, wie Gerald Siegmund für eine Ästhetik der Abwesenheit im zeitgenössischen Tanz hervorhebt, als ein Effekt von Absenz, der durch die Inszenierung von Körperlosigkeit thematisiert und reflektiert wird. Das Seminar befragt Körper- und Wahrnehmungskonzepte von Tanz und Performance, die im wissenschaftlichen Diskurs unweigerlich reproduziert und wiederholt werden. Die theoretische Auseinandersetzung mit Konzepten von Präsenz und Absenz (Derrida, Gumbrecht, Seel u.a.), Körper- und Wahrnehmungstheorien (Merleau-Ponty, Plessner, Seel, Wulf u.a.) sowie tanz- und theaterwissenschaftlicher Ansätze zur Thematik (Auslander, Fischer-Lichte, Lehmann, Phelan, Siegmund et al.) werden auf Beispiele aus dem aktuellen Tanz- und Performancegeschehen bezogen. Hierzu sind Sichtungen und Aufführungsbesuche geplant. Schließen