14630TU Seminar

WiSe 14/15: Triumph und Tragödie der Emanzipation - Der Berliner Kongress 1878 als Scheitelpunkt der transnationalen jüdischen Geschichte der Moderne

David Jünger

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Kommentar

Es war lediglich ein Randereignis des historisch nicht sehr bedeutenden Berliner Kongresses von 1878: der Artikel 44 der Kongressakte, der die Emanzipation der rumänischen Juden dekretierte. Dieses scheinbar marginale Ereignis lässt sich jedoch auch als ein Panoptikum der jüdischen Geschichte der Moderne, ja sogar als dessen Scheitelpunkt, lesen. Die Verabschiedung des Artikels 44 wurde als Triumph des aufgeklärten westeuropäischen Judentums gefeiert, das Ende des 19. Jahrhunderts derartig erfolgreich und einflussreich schien, dass es die Emanzipation der rumänischen Juden in den Verhandlungen des Kongresses durchsetzen konnte. Der Artikel 44 war damit Symbol des Triumphes der Emanzipation. Dieser Triumph sollte sich jedoch innerhalb weniger Jahre in eine Tragödie verwandeln. Die Emanzipation der rumänischen Juden wurde nie vollzogen und an den Ergebnissen des Kongresses entzündete sich in Berlin der sogenannte "Antisemitismusstreit", der einer der wichtigsten Wegmarken des entstehenden Antisemitismus war. Das Schicksal der rumänischen Juden hatte aber nicht nur jüdische Organisationen auf den Plan gerufen, sondern auch die Vereinigten Staaten von Amerika. Zum ersten Mal in ihrer Geschichte hatte sie einen staatlichen Gesandten nach Europa berufen, um sich der "Judenfrage" in Rumänien anzunehmen. Die späten 1870er Jahre waren der Beginn jener jüdischen Massenemigration nach Amerika, die die Struktur der weltweiten Judenheiten für immer verändern sollte. Es ist derzeit häufig die Rede von transnationaler Geschichte. Im Seminar nehmen wir diesen Ansatz ernst und begeben uns auf eine Reise durch die jüdische Geschichte der Moderne, die per se eine transnationale ist. Auftakt dieser Reise bilden die Ereignisse des Berliner Kongresses von 1878. Von dort ausgehend betrachten wir die Entwicklung jüdischer transnationaler Diplomatie im Europa des 19. Jahrhunderts, die Unterschiede und Konflikte zwischen den west- und osteuropäisch jüdischen Lebenswelten und Emanzipationskonzepten, den Umschwung von der Hochphase der jüdischen Emanzipation in Deutschland zum Beginn des politischen Antisemitismus ab den späten 1870er Jahren und nicht zuletzt den Eintritt Amerikas und des amerikanischen Judentums auf die europäische Bühne und den Beginn der jüdischen Emigration nach Amerika. Dieses Seminar ist somit auch als Experiment zu verstehen, von einem randständigen Ereignis ausgehend auf die Globalgeschichte des späten 19. Jahrhunderts zu blicken. Schließen

15 Termine

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Do, 23.10.2014 10:00 - 12:00

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