17616
Proseminar
WiSe 15/16: Zensur
Tobias Haupts
Kommentar
Wer entscheidet eigentlich darüber, ob der Zuschauer einen spezifischen Film überhaupt zu sehen bekommt, ob er seine Premiere im Kino feiert, im Fernsehen seine Ausstrahlung erfährt oder auf Video, DVD und Blu-ray entliehen und gekauft werden darf? Und mehr noch: Wer entscheidet, sollte eine Zensur stattfinden, wie und wo ein Film zu bearbeiten ist, was aus ihm herausgeschnitten wird und was bleiben darf? Zweifelsfrei, der Begriff der Zensur ist mit einer Vielzahl von negativen Konnotationen aufgeladen. Wird sie gewittert, pocht der Mediennutzer auf sein im Grundgesetz verankertes Recht auf frei- und ganzheitliche Entfaltung, zu der, so meint er, jedwede Form des Konsums gehört. Und dennoch gehört der Skandal, das Tabu, die Frage nach dem guten Recht dazu, wenn von Zensur die Rede ist. Anhand der Zensurgeschichte Deutschlands, beginnend im Deutschen Kaiserreich, über die Weimarer Republik, das Dritte Reich, die DDR und die bundesrepublikanische Wirklichkeit, soll nicht nur nach den historischen Genealogien von Zensur gefragt werden, sondern auch nach den ihr zugrunde liegenden Theorien. Muss Zensur stets negativ gedacht werden oder lassen sich auch positive Aspekte an ihr entdecken? Wie ist mit dem Erbe einer einmal stattgefundenen Zensur umzugehen, wenn die Filme einer erneuten Prüfung unterzogen werden, wie begegnet man den ihr zugeteilten Institutionen (z.B. der FSK) und wie kann der Filmhistoriker mit den Artefakten der Zensur (z.B. den Zensurkarten oder einer geschnittenen Version) Aussagen über Filmgeschichte formulieren, die sich hier vielleicht stets als eine Filmgeschichte des Abseitigen und Negativen zu formieren hat?
Erforderliche Voraussetzung zur Teilnahme am Seminar sind grundlegende Kenntnisse der deutschen Filmgeschichte oder die Bereitschaft, diese im Laufe des Semesters in eigenständiger Lektüre zu erwerben.
Einführend sei hier verwiesen auf:
Kilchenstein, Gabriele, Frühe Filmzensur in Deutschland. Eine vergleichende Studie zur Prüfungspraxis in Berlin und München (1906-1914), München 1997.
Kniep, Jürgen, Keine Jugendfreigabe! Filmzensur in Westdeutschland 1949-1990,
Göttingen 2010.
Maiwald, Klaus-Jürgen, Filmzensur im NS-Staat, Dortmund 1983.
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