WiSe 15/16: Hymnische Lyrik im 19. und 20. Jahrhundert
Johannes Windrich
Kommentar
Die Hymne gehört zu den ältesten Dichtformen der Menschheitsgeschichte. Lobgesänge auf Götter und Helden lassen sich bis ins 3. Jahrtausend v. Chr. zurückverfolgen. Auch in der deutschsprachigen Lyrik nimmt die Hymne einen wichtigen Platz ein; man denke an Goethes Sturm und Drang-Hymnen, Hölderlins späte Gesänge oder Novalis' Hymnen an die Nacht. Im Seminar geht es hauptsächlich um hymnische Dichtungen, die nach diesen kanonischen Texten, d.h. seit Beginn des 19. Jahrhunderts entstanden sind. Wir wollen untersuchen, wie die ur-sprünglich sakrale Gattung unter den Vorzeichen fortschreitender Säkularisierung fortgeführt wird und welche Rolle dabei die Parodie tradierter Stilmittel spielt. Die Linie reicht von Heines Nordsee-Gedichten, Nietzsches Dionysos-Dithyramben und Georges Hymnen über einige Dichtungen von Becher, Werfel und Stadler bis in die Nachkriegs- (Celan, Sachs) und Gegenwartsliteratur - in dieser dominiert gegenüber vereinzelten Versuchen, neue Schreibweisen für preisende Dichtung zu finden (Strauß, Handke), die Parodie der Hymne (Rühmkorf, Brinkmann, Henscheid). Im Seminar soll das gesamte Spektrum dieser Texte erschlossen werden, im Horizont der Frage, wie die Sprechakte des Preisens und der Anrufung jeweils funktionalisiert werden. Das zentrale Stilmittel der Hymne, die Apostrophe, werden wir auch von theoretischer Seite her reflektieren und die in den 1980er Jahren einsetzende Debatte zu diesem Thema rekonstruieren (De Man, Culler, Riffaterre usw.). - Das Seminar endet bereits Anfang Februar; die entfallenden Sitzungen werden in einer Kompaktveranstaltung im November abgehalten.
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Zusätzliche Termine
Sa, 28.11.2015 10:00 - 13:00Regelmäßige Termine der Lehrveranstaltung