16035

WiSe 15/16: Der Blick bei Sartre und Lacan

Camilla Croce

Hinweise für Studierende

Sprechstunde nach Vereinbarung: camillacroce@zedat.fu-berlin.de

Kommentar

Obwohl Jacques Lacan die Differenz seines eigenen Denkens von dem Jean-Paul Sartres betont hat, weist seine Theorie der Psychoanalyse doch wesentliche Resonanzen mit der Sartreschen Philosophie der Existenz auf. Dieses Seminar will sich mit einem dieser Berührungspunkte näher beschäftigen, nämlich mit dem, der sich in der jeweiligen Auseinandersetzung mit dem Phänomen des Blicks ergibt. In "Das Sein und das Nichts" widmet Sartre dem Blick eine lange und reiche phänomenologische Analyse, in der die Begegnung des Andern als "absolutes Ereignis" erscheint. Mit der Analyse des Blicks ist für Sartre "die Basis jeder Theorie des Andern" gelegt und zugleich ein schlagendes Argument gegen den hartnäckigen Solipsismus des Bewusstseins gefunden. Lacan bezieht sich explizit auf Sartres Auffassung des Blicks, um sie aber stark zu kritisieren. Er behauptet, Sartre hätte eine "falsche" phänomenologische Analyse des Blicks geliefert, da Sartre ja selbst die von Freud entdeckte entscheidende Dimension des Unbewussten widerlegt habe, diese aber eben auch den Blick betreffe. Lacan übernimmt dennoch die von Sartre entwickelte Dimension des Andern in seine eigene Theorie, verleiht ihr hierin aber eine breitere und hintergründigere Umfassung. Die Begegnung des Andern, die durch den Blick stattfindet, ist für den Psychoanalytiker nicht jene, die sich wie bei Sartre zwischen zwei Subjekten ereignet, sondern zuerst die Begegnung des Subjekts mit einem sui generis Objekt, das ihn an-blickt. Dieses eigenartige Objekt ist der Rest, den der Bildungsprozess des Ichs während des Spiegelstadiums "hinter" sich produziert haben wird. Was Sartre mit dem Für-Andere-sein erreichen wollte, wird somit von Lacan auf vielschichtige Weise mit dem Feld des Unbewussten verwoben. Im Seminar wird uns zunächst Sartres phänomenologische Analyse des Blicks in Das Sein und das Nichts (1943) beschäftigen. Im Anschluss daran werden wir uns mit Lacans Aufsatz "Das Spiegelstadium als Gestalter der Funktion des Ichs" (1949) und mit dem von Lacan dem "Blick als Objekt klein a" gewidmeten Kapitel des Seminars XI "Die vier Grundbegriffen der Psychoanalyse" (1964) auseinandersetzen. Schließen