WiSe 15/16: Wie Romane geschrieben werden
Natascha Drubek
Kommentar
Wie schrieben die Shelleys, Dostoevskijs, Joyces, Fitzgeralds oder Austers ihre Texte? Oft waren es nicht die auf dem Titelblatt genannten Autoren selbst, sondern ihre Partner oder SekretärInnen, die aufschrieben, kopierten, redigierten, (ab)tippten. Welchen Anteil an einem literarischen Werk haben Partner und Sektretäre, wo beginnt im Schreibprozess individuelle Autorschaft? Es wird in diesem Seminar zum einen um die literarischen Effekte von Techniken des Diktierens, Aufschreibens und Redigierens gehen, zum anderen um die verschwimmenden Grenzen von Autorschaft unter professionellen und privaten Bedingungen: Für Autoren wie Dostoevskij und Tolstoj stellte ihre Ehe eine Voraussetzung erfolgreichen Romanschreibens und Publizierens dar.
Techniken des Schreibens und der Manuskriptproduktion spielen hier eine zentrale Rolle. Im 19. Jahrhundert führte die Kurzschrift als professionelle Tätigkeit junge Frauen in die (unbezahlte) Ehepflicht des Stenografierens. Oft handelt es sich dann nicht mehr um einseitige Diktate, sondern kollaborative Praktiken. Sofija Tolstaja sah sich als "Amme des Talents ihres Mannes", aber auch "Dienstmädchens des Schriftstellers und Gatten" und war entrüstet, als er das gemeinsam geschaffene Werk der Allgemeinheit vermachen wollte.
Zur Einstimmung:
http://mpegmedia.abc.net.au/rn/podcast/2012/09/bay_20120919_1031.mp3
Lit.: A. Kittler, Friedrich A. Aufschreibesysteme 1800/1900. München: Fink, 1985. M. Linthe: Stroc?ka Ne Ty!: Die Figur Der Ehefrau Und Freundin Russischer Schriftsteller. Frankfurt a. M. 2003. N. Drubek: https://www.academia.edu/421554/%C3%9Cber_die_SchC3%B6nheit_in_Menschen_Frauen_und_Romanen_oder_Der_Idiot_als_emanzipierter_Text
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