WiSe 15/16: Belebte Häuser. Ein Streifzug von Gotik bis Gegenwart
Lena Abraham
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Das Haus ist oftmals als Schutzraum, als "schützendes Behältnis für Sachen und Körper" (Aristoteles) bezeichnet worden. Als Ort der "Geborgenheit" (Bollnow) evoziert es Bilder der "Zuflucht" und der "beschützten Innerlichkeit" (Bachelard). Gleichzeitig ist das Haus nicht nur Behausung; der Mensch "inkarniert in" und "verschmilzt mit" seinem Haus, dieses wird "zum Ausdruck seines Wesens" (Bollnow).
Die Literaturgeschichte wartet jedoch auch mit prominenten Gegenbeispielen auf: Anstatt ihren Bewohnern einen Ort des Rückzugs und der Rückversicherung über das Gewohnte und Vertraute zu bieten, können Häuser extrem verunsichernd wirken. Beispielsweise, wenn sie ein unverhofftes Eigenleben entwickeln, etwa besessen (Horace Walpoles The Castle of Otranto, Ann Radcliffes The Mysteries of Udolpho), beseelt oder belebt (Nathaniel Hawthornes The House of the Seven Gables) dargestellt werden. Andere wiederum stoßen ihre Bewohner regelrecht aus, indem sie ihnen ihre Räume immer weiter verschließen (Julio Cortázars Casa tomada) bzw. ihre Größe derart verringern, dass in ihnen kein Platz mehr für die Figuren bleibt (Boris Vians L'Écume des jours). Auch sich plötzlich im Hausinnern auftuende labyrinthische Verzweigungen und Abgründe (Mark Z. Danielewskis House of Leaves) kehren die bergende Funktion der Behausung in ihr Gegenteil.
Diese Verunsicherung des Schutzraums Haus wird oftmals über das Element des "UnHEIMlichen" (Vidler) eingeführt. Das Fremde bricht ins Vertraute ein, Verdrängtes oder Verheimlichtes begehrt auf und dringt zurück ins Heimelige (Freud), die Figuren erfahren eine ‚intellektuelle Verunsicherung' in Bezug auf die Unterscheidung zwischen beseelten und unbeseelten Objekten (Jentsch). So kann die Störung des Hausraums zugleich als Verstörung der Figuren gelesen werden.
Diesem Zusammenhang zwischen der Verunsicherung des häuslichen Raums und den ihn bewohnenden Figuren soll im Seminar anhand des vielschichtigen Begriffs des Unheimlichen nachgespürt werden. In einer Auswahl von Erzähltexten werden wir diskutieren, wie sich dieses Verhältnis jeweils gestaltet und streiflichtartig beleuchten, welche Konstanten und Entwicklungen sich von der gothic novel bis in die Gegenwart aufzeigen lassen.
Zur Vorbereitung wird die Lektüre der oben genannten Werke empfohlen.
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