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Vorlesung
WiSe 16/17: VL Sappho und die Theorie der Lyrik
Gyburg Uhlmann
Kommentar
Sapphos Lyrik hat – ungeachtet ihres fragmentarischen Überlieferungszustandes – viele neuzeitliche Leser zu Begeisterungsstürmen hingerissen: von Mde Anne Dacier bis J.G. Herder, von den Brüdern Schlegel bis F.G. Welcker und Wilamowitz und Bruno Snell. Man fand in ihr die Unmittelbarkeit des Erlebens, eine Synthese von Dichtung und Leben und Lieben in einer ursprünglichen Weise verwirklicht: in ihr meinte man die Entdeckung von Individualität und Subjektivität, das Hervortreten eines einzelnen Individuums in seiner reinen unmittelbaren Innerlichkeit vor sich zu haben. Es verwundert daher wenig, daß die Sapphobegeisterung in den Zeiten besonders groß war, die sich die (Wieder)entdeckung des ursprünglichen Gefühls und seine Artikulation in der Kunst zur Aufgabe gemacht hatte, wie z.B. in der Romantik, oder überhaupt in Zeiten, in denen die Atmosphäre von besonderem Pathos und hehren Idealen bestimmt war – wie in der Zwischenkriegszeit des 20. Jahrhunderts, aber auch in geistesgeschichtlichen Strömungen, die sich mit der Direktheit der Kunst in mündlichen Kulturen beschäftigt und für diese begeistert haben (‚oral poetry’).
All diesen ‚Sappho-Bewegungen’ liegt ein bestimmter Lyrik-Begriff, eine bestimmte Vorstellung davon, was Lyrik leisten kann und muß, zugrunde. Wir wollen in der Vorlesung betrachten, was es mit dieser Vorstellung von ‚dem Lyrischen’ und der Lyrik-Gattung auf sich hat und wie sich diese mit den Gedichten Sapphos vereinbaren läßt. Dazu gibt die Vorlesung einen Überblick über die wichtigsten Stationen der Geschichte der Lyriktheorie.
Die Schwierigkeiten, die sich bei dem Versuch der Anwendung der Grundmuster moderner Lyrikkonzeptionen auf die Gedichte der frühgriechischen Lyrikerin ergeben, führen zu der Notwendigkeit, für Sappho (oder vielleicht für die frühgriechische Dichtung überhaupt?) eine andere – nicht weniger attraktive – Vorstellung von Lyrik und deren spezifischem Ergon zu entwickeln.
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