17031 Graduate Course

WiSe 16/17: Die Dreyfus-Affaire: Juristische und literarische Perspektiven

Klaus Hoffmann-Holland Susanne Zepp-Zwirner

Information for students

1. Termin: Di, 08.11.2016, 11.00 - 13.00 Uhr, Raum 2202, Boltzmannstr. 3 2. Termn: Fr, 27.01.2017, 09.00 - 18.00 Uhr, Clubhaus der FU 3. Termin: Sa, 28.01.2017, 09.00 - 18.00 Uhr, Clubhaus der FU

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Das komparatistisch angelegte Hauptseminar nimmt aus kriminologisch-strafrechtlicher wie literaturwissenschaftlicher Perspektive jene politische-juristische Affäre in den Blick, die Frankreich und Europa im Übergang vom 19. zum 20. Jahrhundert nachhaltig erschüttern und die Hannah Arendt später in „Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft“ als „Generalprobe“ für den „Ausbruch des Nationalsozialismus“ deuten sollte: Der jüdische Hauptmann Alfred Dreyfus (1859–1935) wurde von einem Kriegstribunal, das vom 19. bis 22. Dezember 1894 in einer geheimen Sitzung tagte, zu Unrecht wegen Landesverrats zu lebenslanger Verbannung verurteilt. In der französischen Geschichte ist die Dreyfus-Affäre zu einem beständigen Bezugspunkt in den Auseinandersetzungen zwischen den Kräften der Reaktion und den Kräften des Fortschritts geworden, da die öffentlichen Auseinandersetzungen bis zum Freispruch Dreyfus‘ im Jahre 1906 von einer beispiellosen Welle antisemitischen Hasses begleitet war, während andere in der französischen Öffentlichkeit für Dreyfus eintraten: liberale französische Politiker, Akademiker und Schriftsteller wie Léon Blum, Jean Jaurès, Charles Péguy, Albert Mathiez, Paul Langevin und Émile Zola setzen sich öffentlich für Dreyfus ein. Im Seminar wird der Fall aus kriminologischer Sicht nachvollzogen und literarische Bearbeitungen diskutiert. Die Veranstaltung wird als (Teil-)Blockseminar voraussichtlich am 27. und 28. Januar 2017 im Clubhaus der Freien Universität stattfinden. Der Erwerb eines Seminarscheins setzt neben der Einreichung des schriftlichen Referates (15-20 Seiten bei 1/3 Rand und 1 ½ Zeilenabstand) einen mündlichen Vortrag in der Diskussion im Blockseminar voraus. Abgabetermin des schriftlichen Referates zu einem der unten stehenden Themen ist spätestens der 18. Dezember 2016. Am 8. November findet eine Einführungssitzung zum Seminar statt, in der die Themen vergeben werden. 1. Bewertung des Strafverfahrens gegen Dreyfus bis zum ersten Urteil aus der Perspektive des aktuellen deutschen Strafverfahrensrechts – Betrachtung des verfahrensrechtlichen Schutzes vor unzulässiger direkter und indirekter Einflussnahme 2. J'accuse...!: Émile Zola und die Dreyfus-Affäre. Vom öffentlichen Brief 1898 bis zum Roman Vérité (1902) 3. Die Bedeutung von Gutachtern für den Strafprozess: Der Einfluss von wissenschaftlichen Sachverständigen auf das Strafverfahren; Rechtslage – Fakten – Probleme 4. Die Dreyfus-Affäre als Anlass einer Gesellschaftssatire des Literaturnobelpreistägers von 1921: Anatole France, L’Île des pingouins (1908), Buch VI 5. Fälschung belastender, Vorenthalten entlastender Beweise – Kriminologische Analyse: Das Vorgehen gegen Dreyfus‘ als ein Fall von „Kriminalität der Mächtigen“? 6. Romanform und Gerechtigkeit : Roger Martin du Gard, Jean Barois (1913) 7. Anspruch der Unfehlbarkeit? Der Umgang der Strafverfolgungsbehörden und der Gerichte mit eigenen Fehlern (-Rechtliche Regelungen zur Korrektur von Fehlurteilen / -Kriminologische Erkenntnisse zu Fehlurteilen, Überlegungen zum Zustandekommen und zu Problemen bei deren Korrektur) 8. Zur literarischen Reflektion der Dreyfus-Affäre in Marcel Proust, A la recherche du temps perdu [Tome III - Le Côté de Guermantes, Paris 1920-21]. 9. Die Rehabilitierung, Reintegration und Entschädigung fälschlich Verurteilter aus rechtlicher und kriminologischer Sicht 10. Die Dreyfus-Affäre im Spiegel der französischen und europäischen Presse: Von der Zeitschrift Le Siècle bis zur Neuen Freien Presse. 11. Freie Presse, öffentliche Meinung und unabhängige Justiz – Wer beeinflusst wen? Die Bedeutung der Medien im modernen Strafverfahren (-Einfluss der Medienberichterstattung und der „öffentlichen Meinung“ auf Gerichte / -Kriminologische und rechtliche Aspekte der gezielten Beeinflussung der Medienberichterstattung durch Strafverfolgungsbehörden und Strafverteidiger (Litigation-PR)) 12. Die Dreyfus-Affäre in den literarischen Erinnerungen des ersten sozialistischen Premierminister Frankreichs: Léon Blum, Souvenirs sur l'affaire, Paris 1935 13. Dreyfus, O. J. Simpson, Kachelmann – Strafverfahren als Katalysatoren fundamentaler gesellschaftlicher Konflikte 14. Altneuland: Theodor Herzl und die Dreyfus-Affäre 15. Dreyfus‘ Demütigung auf dem Hof der École Militaire – Sanktion und Scham aus kriminologischer Sicht; zwischen Stigmatisierung und „reintegrative shaming“ 16. René Kestners Theaterstück Die Affäre Dreyfus (UA 1929 an der Berliner Volksbühne) 17. Dreyfus auf der Teufelsinsel – Isolierende Sanktionen aus kriminologischer Sicht 18. Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft: Hannah Arendt und die Dreyfus-Affäre Literatur zu Einführung: • Louis Begley, Der Fall Dreyfus: Teufelsinsel, Guantánamo, Alptraum der Geschichte, Frankfurt am Main: Suhrkamp, 2012. • Robert Michaelis, Der Prozess Dreyfus: eine juristische Studie, Band 9 der Kriminologischen Schriftenreihe aus der Deutschen Kriminologischen Gesellschaft, Hamburg: Kriminalistik Verlag, 1963. • Siegfried Thalheimer, Die Affäre Dreyfus: Dokumente, München: Dtv, 1986. • Susan Rubin Suleiman, “The Literary Significance of the Dreyfus Affair”, in: Dies., The Dreyfus Affair: Art, Truth, and Justice, Berkeley: U of California P, 1987, 117-139. • Simon Sibelman, “Emerging Voices, Evolving Paradigms: Literary Expressions of Franco-Jewish Identity after the Dreyfus Affair”, in: Historical Reflections/Réflexions Historiques 31.3 (2005), 485-502. close

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Tue, 2016-11-08 11:00 - 13:00

Lecturers:
Univ.-Prof. Dr. Susanne Zepp-Zwirner
Univ.-Prof. Dr. Klaus Hoffmann-Holland

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