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WiSe 16/17: Hegels Theorie der Dichtung

Wolfram Ette

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Hegels Ästhetik gilt ebenso als Höhepunkt der klassischen, an der Kategorie der organischen Einheit orientierten Kunstanschauung, wie als vollkommenster Ausdruck ihrer systematischen Organisation. Beides ist von der Moderne in Frage gestellt worden. Moderne Kunst zu machen bedeutet nichts anderes als sich der Nicht-Einheit, der Zerrissenheit, der Unabschließbarkeit der gebrechlichen Welt zu überlassen. Genau aus demselben Grunde sei eine systematische Erfassung der Kunst nicht statthaft. Unweigerlich also ist eine Auseinandersetzung mit Hegels Ästhetik, die ein mehr als bloß antiquarisches Interesse verfolgt, mit der Frage nach ihrer Aktualität konfrontiert. Bietet sie überhaupt Möglichkeiten, die Kunst der Moderne zu beschreiben? Nun verhält es sich so, dass die kanonische Form, in der Hegels Ästhetik auf uns gekommen ist, von ihm so nie verfasst wurde. Es handelt sich um einen editorischen Hybrid; einen Zusammenschnitt aller Vorlesungen über die Philosophie der Kunst, die Hegel zwischen 1823 und 1856 gehalten hat, durch seinen Schüler Hotho. Bei der Herstellung dieser Endfassung ließ Hotho sich offensichtlich von dem Wunsch nach systematischer Geschlossenheit leiten. Insbesondere in den frühen Vorlesungen kann davon aber nur bedingt die Rede sein. Hier setzt sich Hegel mit den Produktionen der Kunst bis hin zu den ihn teilweise irritierenden zeitgenössischen Produktionen eher tastend und tentativ auseinander. Diese Phase, in der das System auf dem Weg zu sich selbst ist, erscheint mir für eine aktuelle Auseinandersetzung mit Hegels Ästhetik von größerem Belang als die klassisch gewordene 'Endfassung'. Wir werden uns also mit der ersten Fassung von Hegels Vorlesungen über die Philosophie der Kunst befassen, die ich allen Teilnehmer*innen des Seminars zur Anschaffung empfehle. close