16415
Undergraduate Course
WiSe 16/17: Leben erschreiben
Henrike Krause
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Seit der Antike ist die Biographie eine Textgattung, die sowohl historiographisch als auch literarisch verfährt.
Johann Wolfgang v. Goethes Auffassung ist dabei programmatisch, indem er es als „Hauptaufgabe der Biographie“ begreift, „den Menschen in seinen Zeitverhältnissen darzustellen und zu zeigen, in wiefern es ihn begünstigt, wie er sich eine Welt- und Menschenansicht daraus gebildet“ (Dichtung und Wahrheit, 1811-1833). Die Darstellung eines Lebens bedarf dabei jedoch nicht nur der Fakten (‚Wahrheit‘), sondern immer auch der Präsentation durch Sprache (‚Dichtung‘). Wie Fakten und Sprache zu wählen und zu komponieren sind und was eine überzeugende, ‚gute‘ Lebensbeschreibung auszeichnet, sind Fragen, die zu verschiedenen Zeiten auf unterschiedliche Weise beantwortet worden sind.
Denn unabhängig von der Wahl der zu biographierenden Person unterliegen Biographinnen und Biographen selbst Tendenzen und Auffassungen ihrer eigenen Zeit. Gezwungenermaßen können sie nur ex post verfahren und schreiben somit ihre eigene Gegenwart – und mithin ihre eigene Person – in den biographischen Text ein.
Biographien lassen sich daher nicht nur als historiographische Dokumente begreifen, sondern sie sind selbst Erzeugnisse ihrer ästhetischen, theoretischen und kulturellen Entstehungsgegenwart. Dabei stehen Biographie und Literatur in einem wechselseitigen Austausch; zuweilen verschwimmen ihre Grenzen und biographische Texte werden vielmehr aus einer künstlerisch-literarischen Motivation heraus, denn aus einem geschichtswissenschaftlichen, der ‚Wahrheit‘ und Überprüfbarkeit verpflichtetem Ansinnen verfasst.
Diese Wechselwirkung zwischen Biographie und Literatur wird im Fokus des Seminars stehen. Anhand verschiedener theoretischer, biographischer und literarischer Texte, vornehmlich aus der englischen und deutschen Tradition, werden die Entwicklungslinien des biographischen Schreibens vom 18. bis in das 20. Jahrhundert nachvollzogen. Einen thematischen Schwerpunkt bildet dabei die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts, in der die Biographie unter den Schlagwörtern der ‚New Biography‘ und der ‚Modernen Biographik‘ einen entscheidenden Umbruch erfährt.
Die Lektüregrundlage wird in deutscher und englischer Sprache zur Verfügung gestellt. Interessierte Teilnehmerinnen und Teilnehmer sollten dazu bereit sein, sich sowohl in sitzungsbegleitenden Gruppenarbeiten als auch durch kurze, schriftliche Ausarbeitungen aktiv am Seminar zu beteiligen.
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Suggested reading
Zur Vorbereitung empfohlen:
- Lee, Hermione: Biography – A Very Short Introduction. Oxford [u.a.]: Oxford Univ.-Press 2009.
- Scheuer, Helmut: Biographie. Studien zur Funktion und zum Wandel einer literarischen Gattung vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart. Stuttgart: Metzler 1979.
- Handbuch Biographie. Methoden, Traditionen, Theorien. Hrsg. v. Christian Klein. Stuttgart: Metzler 2009.
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16 Class schedule
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Fri, 2017-01-27 10:00 - 12:00 Wed, 2017-02-08 16:00 - 18:00
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1.1062 Besprechungsraum (Fabeckstr. 23-25)
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Wed, 2016-10-26 14:00 - 16:00
Wed, 2016-11-02 14:00 - 16:00
Wed, 2016-11-09 14:00 - 16:00
Wed, 2016-11-16 14:00 - 16:00
Wed, 2016-11-23 14:00 - 16:00
Wed, 2016-11-30 14:00 - 16:00
Wed, 2016-12-07 14:00 - 16:00
Wed, 2016-12-14 14:00 - 16:00
Wed, 2017-01-04 14:00 - 16:00
Wed, 2017-01-11 14:00 - 16:00
Wed, 2017-01-18 14:00 - 16:00
Wed, 2017-01-25 14:00 - 16:00
Wed, 2017-02-01 14:00 - 16:00
Wed, 2017-02-08 14:00 - 16:00
Wed, 2017-02-15 14:00 - 16:00