In den letzten Jahren ist ein gestiegenes Interesse der Filmwissenschaft an der Filmproduktion zu verzeichnen. Dies ist keineswegs selbstverständlich, da jener Gegenstand – im Vergleich zur Filmanalyse und Rezeptionsästhetik – immer ein Stiefkind der philologisch geprägten Disziplin war und es kaum zur Herausbildung von Produktionstheorien kam. Trotzdem ist seit Beginn des Kinos Wissen über Filmproduktion generiert worden – v.a. aber jenseits akademischer Zirkel: in Drehberichten in populären Magazinen, in behind-the-scenes-Reportagen in Fachzeitschriften, in der Setfotografie, in Fernsehbeiträgen, im Making-of, auf Internet-Fanforen etc. Das Seminar geht dem historischen Ausschluss des Gegenstands der Produktion in der Filmwissenschaft nach, und bezieht – außer älteren mediensoziologischen, makroökonomischen Forschungen und den neueren Production Studies, die sich hauptsächlich an ethnografischen und mikrosoziologischen Methoden orientieren – gerade auch nicht-wissenschaftliche Wissensformen zur Filmproduktion mit ein. Dies geschieht sowohl anhand von Texten als auch (audio-) visuellen Materialien. Zum einen soll ein Überblick über diverse Forschungsansätze gegeben, zum anderen soll an Fallbeispielen aus der Kinogeschichte gemeinsam eine produktionstheoretische Perspektive eingeübt werden. Zentral sind neben epistemologischen Fragen auch politische: Verschiedene Produktionsmodi haben unterschiedliche Formen von Arbeitsteilung hervorgebracht, die vergeschlechtlicht und ethnisiert sind. Wiederum ist die Aufhebung von Arbeitsteilung ein zentrales Politikum der Praktiken der Filmavantgarden, während das Hollywoodkino von gewerkschaftlichen Kämpfen der Anerkennung der einzelnen Arbeitsbereiche geprägt ist. Diesen und ähnlichen Aspekten nachzugehen, impliziert, dass Produktionsforschung nicht zuletzt eine politische Dimension für die Historiografie des Kinos hat. close