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WiSe 17/18: Narrative Ungeduld. Zeitdynamiken des Erzählens

Willi Reinecke

Kommentar

Cechovs dramaturgisches Prinzip erlaubt keine unnützen Gegenstände auf der Bühne: Eine Pistole muss im letzten Akt schießen, „wenn sie in Akt 1 an der Wand hängt.“ Im Zeichen dieser Ökonomie sollen keine „falschen Versprechen“ entstehen. Das Spiel mit Erwartungen, die getäuscht oder bestätigt werden können, gehört ebenso zu den grundlegenden Strategien erzählerischer Texte. Genette zählt Prolepsen neben anderen Formen der Antizipation zu Phänomenen „narrativer Ungeduld“. Die narrative Frequenz von Ereignissen, die zum ersten Mal geschehen und im Voraus eine ganze Reihe späterer Male ins Auge fassen, kann eine Nostalgie des Lesens verursachen, da nach dem ersten Ereignis Wiederholung und Gewohnheit droht. Gleichzeitig sind flashforwards Formen der Unruhestiftung im Text, die insbesondere die Literatur der Moderne geprägt haben (etwa Belyjs Petersburg). Verschafft die Vorausdeutung einen Überblick über das Geschehen, wird der Leser zum „Mitwisser der Zukunft“ (Lämmert). Titel tragen zu diesem Wissen bei, da in ihrem oft allegorischen Charakter eine vorausweisende Ordnungskraft liegt. Sie unterliegen jedoch auch Marktgesetzen, insofern sie von Verlagen platziert werden. Das Seminar untersucht verschiedene Typen narrativer Anachronien. Dabei werden auch Filme und Serien einbezogen (jump cuts, foreshadowing/sideshadowing). Schließen

Literaturhinweise

Zur vorbereitenden Lektüre empfohlen: Lämmert, E.: Bauformen des Erzählens. Morson, G.S.: „Sideshadowing and tempics“, New Literary History 29 (4)

15 Termine

Zusätzliche Termine

Mi, 13.12.2017 16:00 - 18:00

Räume:
KL 32/202 Übungsraum (Habelschwerdter Allee 45)

Regelmäßige Termine der Lehrveranstaltung

Di, 16:00 - 18:00 15 Termine

Di, 17.10.2017 16:00 - 18:00

Dozenten:
Willi Reinecke