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Übung
WiSe 17/18: Museumstanz
Stefan Hölscher
Kommentar
Blockseminar, 17.-19.11.2017 (jeweils 10 bis 19 Uhr), am 12.11. davor Exkursion zur Eröffnungsveranstaltung des Großen Hauses der Volksbühne „Samuel Beckett / Tino Sehgal“
Nicht erst seit der Übernahme der Berliner Volksbühne durch Chris Dercon zeichnet sich in den letzten Jahren auch die umgekehrte Tendenz ab, dass die internationale Museumsprogrammierung zunehmend bestrebt ist, Tanz aus dem Theaterdispositiv herauszulocken und in Ausstellungsräumen zu präsentieren. Das Interesse des Kunstbetriebs am vermeintlich ‚konkreten‘ Körper und seinen Tätigkeitsformen korrespondiert dabei mit dem Drang mancher zeitgenössischer Tanzschaffender, erweiterte und eher abstrakte Konzepte von Choreographie zu entwickeln, die weit über modernistische Verständnisse im Sinne einer reinen Komposition von Bewegung hinausgehen (expanded choreography). Der momentane Hype um Anne Imhof, die 2017 mit ihrer jüngsten Arbeit Faust auf der Biennale von Venedig dem Deutschen Pavilion den Goldenen Löwen sicherte, scheint ebenfalls mit einer Reihe von Problematiken zusammenzuhängen, als deren Symptom der momentane Museumstanz im Verlauf des Seminars skizziert werden soll: So lässt sich z.B. hinsichtlich der Arbeiten von La Ribot oder Boris Charmatz fragen, inwiefern Tanz im Museum das tradierte Medium der Skulptur ‚verlebendigt‘ und welche ideologischen Vorannahmen damit einhergehen, wie die musealen Interventionen Tino Sehgals mit postfordistischen Produktionsweisen zusammenhängen, warum William Forsythe ungewöhnliche Perspektiven auf die Sammlung des Frankfurter MMK wirft, um ebenso sein eigenes Œuvre wie jene dort zu rekonfigurieren oder ob, wenn das New Yorker MoMA PS1 und der Pariser Palais de Tokyo Veranstaltungen organisieren, in denen die jüngsten Choreographien von Mårten Spångberg präsentiert werden, so nicht eine im Bereich des Tanzes schon länger ad acta gelegte Idee von ‚Liveness‘ wiederbelebt wird, obwohl sie ein neues Arrangement sowohl von Choreographie als auch des Ausstellungsdispositivs vornehmen, indem sie gleichzeitig Tanz zum Objekt machen und den Ausstellungsraum mobilisieren, oder warum die Londoner Tate mehr an experimenteller Forschung zur Choreographie interessiert ist als die meisten der freien europäischen Theaterhäuser, wo diese noch in den späten 1990ern und 2000ern vornehmlich stattfand. Neben solchen Fragen wird es um die Ausstellung Danse-Guerre gehen, die 2013 von Bojana Cvejic und Cosmin Costinas im Musée de la Danse in Rennes kuratiert wurde und sich mit den eng miteinander verflochtenen Genealogien kriegerischer und tänzerischer Praktiken befasste.
Das Praxisseminar besteht aus Videosichtungen einerseits und damit verbundenen Textlektüren (u.a. Buren, Cvejic, O´Doherty und Spångberg) sowie Diskussionen andererseits. Außerdem sind folgende Programmpunkte Teil der Veranstaltung: (1.) Ein gemeinsamer Besuch der Eröffnungsveranstaltung „Samuel Beckett / Tino Sehgal“ des Großen Hauses der Volksbühne am 12. November – Sonntag Abend vor dem Seminarwochenende –, (2.) ein Dialog mit Chris Dercon über das Verhältnis zwischen Museums- und Theaterprogrammierung am 17.11. sowie (3.) eine Gesprächsrunde mit Marietta Piekenbrock und Tino Sehgal am darauf folgenden Wochenende.
Um Registrierungen per Mail an stefan.hoelscher1@web.de bis spätestens zum 16. Oktober wird gebeten (die Anmeldungen werden dann nachträglich in das Campus Management System aufgenommen), da der Kasse der Volksbühne bereits Mitte Oktober eine Teilnehmerliste für die Eröffnungsveranstaltung „Samuel Beckett / Tino Sehgal“ übermittelt werden muss. Die Teilnehmerzahl ist auf 20 begrenzt. Den Teilnehmern wird ein Dropbox-Link geschickt: Dort findet sich ein Seminarplan sowie alle für das Blockseminar relevanten Texte.
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2 Termine
Zusätzliche Termine
Fr, 17.11.2017 10:00 - 19:00Regelmäßige Termine der Lehrveranstaltung