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Graduate Course
WiSe 17/18: Literatur und Hass: Zu Theorie und Geschichte eines starken Affekts
Jürgen Brokoff, Robert Walter-Jochum
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Hass kann als Affekt mit folgenreichen Beziehungen zur Literatur angesehen werden. Gerade weil er zuvörderst die Vernichtung des Gehassten anstrebt und damit jedes ‚zivilisierte‘ Maß vermissen lässt, scheint er sich zu eignen, um Affekte des Außerordentlichen, den emotionalen Ausnahmezustand und Problemlagen, die nicht mehr im Rahmen des Dialogs aufgelöst werden können, anschaulich zu machen.
Auf der anderen Seite ist argumentiert worden, dass dem Hass bei all seiner Fixierung auf das Vernichtende auch eine sozial „produktive“ Ebene innewohnt: So ist es bei Judith Butler ein wesentlicher Effekt der Hassrede, dass sie das gehasste Subjekt erst konstituiert und diesem so die Möglichkeit eröffnen kann, sich selbst im Widerstand und der Umdeutung zur Geltung zu bringen – die verletzende Anrufung ermöglicht es dem oder der so angesprochenen allererst, selbst die eigene Stimme zu finden.
Literatur kann den Hass zum Thema machen, sie kann selbst Ausdruck von Hass sein, aber sie kann auch ein Medium bereitstellen, das Hass hinterfragbar, sichtbar und analysierbar werden lässt. Literarische Texte daraufhin zu befragen, wie sie sich dem Hass nähern, wie sie ihm Ausdruck verleihen, wie sie ihn aber auch textuell herstellen und nachvollziehbar werden lassen, ist das Ziel dieses Seminars.
In einem ersten Seminarabschnitt wird es sich mit einschlägigen theoretischen Positionen zum Hass und seiner literarischen und sprachlichen Relevanz befassen, bevor exemplarisch anhand von Texten zweier literaturgeschichtlicher Epochen verschiedene Arten des Umgangs mit Hass in der Literatur ausgelotet werden. Hier werden dem Hass oft affirmativ gegenüberstehende Beispiele aus der Zeit der „Befreiungskriege“ (etwa Kleists und Arndts) Versuchen der Gegenwartsliteratur (beispielsweise von Milo Rau und Lukas Bärfuss) gegenübergestellt, mit zeitgenössisch drängenden Hass-Phänomenen einen Umgang zu finden.
Zur Einführung empfohlen:
Judith Butler: Hass spricht. Zur Politik des Performativen. Berlin 1998.
Rolf Haubl/Volker Caysa: Hass und Gewaltbereitschaft. Philosophie und Psychologie im Dialog. Göttingen 2007.
Aurel Kolnai: Ekel, Hochmut, Haß. Zur Phänomenologie feindlicher Gefühle. Mit einem Nachwort von Axel Honneth. Frankfurt am Main 2007.
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